Heft 
(1967) 5
Seite
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und unter den hohen Fichtenstämmen, angeglüht von dem Dunkelroth der Flamme, lagern die alten Urbewohner des Landes mit einem wunderbar gelungenen Mischausdruck von Wildheit und Behagen. Wer die Müggels- berge gesehen hat, wird das richtige Empfinden unseres genialen Malers bewundern - er gab dieser Landschaft die Staffage, die ihr einzig gebührt. Ein Reifrock und ein Abbe in die verschnittenen Gänge eines Roccoco- Schlosses; eine Procession in das Portal einer gothischen Kirche, - aber ein Semnonen-Lager in das Waldrevier der Müggelsberge."

Auf so detaillierte Beschreibungen von Gemälden des von ihm von Be­ginn an als genial bezeichneten Malers kommt es Fontane in der Folge­zeit nicht an. Er will in seinem Cottbus-Kapitel keineswegs als Richter der Kunst Blechens in Erscheinung treten, sondern vielmehr (wie vorher schon bei Friedrich Schadow und Wilhelm Gentz) die Bedeutung seiner Persön­lichkeit herausarbeiten. Deshalb soll auch hier aus der Fülle des Materials die Persönlichkeitsdeutung Blechens voranstehen. In unmittelbaren Zu­sammenhang mit dessen Charakterbild müssen drei Frauengestalten Um­rissen werden, die auf Blechens Lebensschicksale und seine Kunst eine ent­scheidende Wirkung ausgeübt haben: die Putzmacherin Henriette Boldt, die Blechens Frau wurde, die Sängerin Henriette Sontag, die den Maler Blechen aus dem Königstädtischen Theater hinausdrängte und Bettina von Arnim, Brentanos begabte Schwester, die im Jahre 1838 einen Ret­tungsfeldzug zur Wiederherstellung der Gesundheit desarmen Blechen" unternahm.

Fontane geht - wie stets in seinenWanderungen" - von den verläßlichsten Quellen aus, um Blechens Charakterbild zu zeichnen. Er verschaffte sich zunächst den von Blechen selbst verfaßten Lebenslauf, als dieser auf der Plenarsitzung vom 28. März 1835 zum ordentlichen Mitglied der Akade­mie der Künste berufen worden war. Wir möchten diese kurze Darstellung hier folgen lassen, weil sie in der Biographie Blechens nur bruchstückhaft verwendet worden ist und zugleich den Unglückskeim erkennen läßt, der zu des Malers tragischem Ende führte. Der 36jährige Maler schreibt über sein Leben:

Carl Eduard Ferdinand Heinrich Blechen wurde geboren zu Cottbus in der Niederlausitz am 29. Juli 1798. (Der Vater Anton Adrian Blechen, aus Regensburg gebürtig, war Königl. Preuß. Accise-Officiant.)

Bis zu seinem 17. Jahre besuchte er das Lyceum zu Cottbus und sollte nach dem Willen der Eltern eine theologische oder juristische Laufbahn begin­nen, was aber wegen ihrer unbemittelten Lage nicht ausführbar zu machen war. Es wurde also beschlossen, ihn zu einer merkantilischen Carriere zu bestimmen und wurde 1814 auf ein hiesiges Banquier-Comptoir (Firma: Selchow & Co) gebracht, wo er seine Lehrjahre bestand und noch einige Jahre honorierte. Während dieser Zeit diente er als Freiwilliger bei dem

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