Heft 
(1967) 5
Seite
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einen großen Kritiker gehalten und weiß, daß ich an Wissen und Schärfe hinter einem Manne wie Brahm weit zurückstehe, habe das auch immer ausgespro­chen. Aber doch muß ich für natürliche Menschen mit meinen Schreibereien ein wahres Labsal gewesen sein, weil jeder die Antwort auf die Frage .weiß oder schwarz', .Gold oder Blech' daraus ersehen konnte, ich hatte eine klare, bestimmte Meinung und sprach sie mutig aus. Diesen Mut habe ich wenigstens immer gehabt. Ich sagte zu Wildenbruch: .Nein, das geht nicht; das ist talent­voll, aber Unsinn', und als er endlich die Quitzows brachte, sagte ich mit leichter Deutlichkeit ,Ja, der alte Wildenbruch tobt und wuracht auch hier noch herum, aber es ist so viel vom Genialen da, daß ich seinem Unsinn Indemnität erteile'. Zu solchem runden Urteil rafft sich von den Modernen keiner auf."

12 Roch a. a. O. S. 182.

13 In dem RomanUnwiederbringlich" umschreibt Fontane dieLiebe zu den kleinen Dingen" mit dem Satz:Aber was heißt großer Stil? Großer Stil heißt so viel wie Vorbeigehen an allem, was die Menschen eigentlich interessiert."

M Roch a. a. O. S. 180.

15 Man vgl, etwa Fontanes Rezension über GoethesTasso" (8.1. 1887): Am Mitt­wochTasso". Immerhin ein Ereignis, wie das wohlbesetzte Haus sichtbar be­kundete. Ich selbst folgte mit kalter Bewunderung, von der im letzten Akt schwer zu sagen war, ob die Bewunderung oder die Kälte vorherrschte, jenem Schönsten, das die deutsche Literatur aufzuweisen hat. Ach, wie gleichgültig zieht dieser verklärte Weimarer Hof an unserm, pflichtschuldiger Pietät nicht entkleideten, aber freilich modernen Sinn vorüber! Anderes, Größeres bewegt die Welt, und von den Ausnahmemenschen wendet sich das Interesse wieder dem Menschen selber zu. Ich sah neulich denÖdipus auf Kolonos" und verließ tieferschüttert das Haus; ein Gewaltiges und ein Ewiges hatte zu mir gespro­chen. . . . Aber Hof- und Salongeschichten haben ihre Zeit, und zu dem Gleich­gültigsten von der Welt gehören Dichterreizbarkeiten. Gemessen an den Taten und Gestalten unserer Tage, die wir zu leben gewürdigt sind, wie klein da­neben die esoterischen Vorgänge und Verhältnisse. Schön und vornehm, aber nichts weiter; wer wirklich lebt, will reales Leben sehen.

16 Roch a. a. O. S. 184 f.

17 In einer fragmentarischen Charakteristik des Schauspielers Döring inKri­tische Jahre Kritikerjahre" schildert Fontane den Vorfall wie folgt:Er" hätte mich gern vergiftet. Es ging aber nicht recht. Dabei gutmütig. Ganz Schauspieler . . . Wer ihn tadelte, war sein Feind ... Es wurde dann auch Rats gepflogen, wie man mir am besten beikommen könne. Da sich bei Durch­siebung meines Lebensgangs ergab:bisher unbestraft", so konnte moralisch nicht gut eingesetzt werden, aber er heckte mit seinem Freunde Glasbrenner, der damals die Montagspost redigierte, doch einen kleinen Vernichtungsplan aus. Und das war nicht übel, wie ich selber zugeben muß. Glasbrenner be­mächtigte sich der ChiffreTh. F.", unter der ich meine Theaterstücke schrieb, und in der nächsten Nummer der Montagspost erschien ein Aufsatz, der sich mit meiner der Referenten-Befähigung Th. F.'s beschäftigte und worin ich immer mit Fettdruck von Th. F. nicht Theodor Fontane sondern TheaterFremd- ling genannt wurde. Dies war nun wirklich sehr witzig gemacht, und weil mir außer meiner Theaterfremdlingsschaft sonst nichts Schlimmes nachgesagt wurde, so war ich in der angenehmen Lage, über den guten Witz mitlachen zu können. Denn offen gestanden, ich hatte nicht den Ehrgeiz, ein Theater-Habitue zu sein und betrachtete das Wort, das mich in der Theaterwelt entwerten sollte, eigentlich als ein Lob, eine Ehrenerklärung . . .

18 Brief Fontanes an den Chefredakteur derVossischen Zeitung" seit 1870, Fried­rich Stephany, vom 10. 10. 1889.

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