Heft 
(1967) 5
Seite
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Fontane hat die Zeichen der neuen Zeit begriffen und bildet die Brücke zum neuen Jahrhundert.Wenn die weitere Entwicklung dann nicht immer im Sinne jenes .stilvollen Realismus' verläuft - den Fontane publizistisch vorbereitet hatte und mit seinen Theaterkritiken über das naturalistische Drama in der Öffentlichkeit durchsetzen half, der ja auch in seinen eigenen Romanen vorbildlich verwirklicht war wenn sie dann immer mehr ver­flachte oder in überspitzte Intellektualität abglitt, so lag das daran, daß jenes ,gute Bürgertum' der Fontaneschen Welt innerlich mehr und mehr zerfiel . . . Fontane setzte seine Persönlichkeit und seine großen publizistischen Möglichkeiten ein, um dieser Zeit von sich aus inneren Halt zu geben. Über diese Zeit hinausweisend, ist seine Theaterkritik von allgemeiner Bedeutung. Sie ist Ausdruck und Vermächtnis jener besten schöpferischen Kräfte des endenden 19. Jahrhunderts, die auch heute noch Gültigkeit und Aussagewert besitzen." 19

Anmerkungen

1 Parkettplatz 23. Theodor Fontane über Theaterkunst, Dichtung und Wahrheit. Hrsg. v. E. Welk. Berlin (1949).

2 Kiaulehn, W.: Das Theater der Kritiker. In: Kiaulehn, W.: Berlin. München, Berlin (1958). S. 410430.

3 Friedrich Wilhelm Gubitz ist 50 Jahre lang von 1820 bis 1870 der Kri­tiker derVossischen Zeitung" für das Hoftheater gewesen. Von 1881 bis 1885 war neben Fontane der spätere Gründer derFreien Bühne", Otto Brahm, als Theaterkritiker an derVossischen" tätig.

4 Zwoch, G.: Der lebendige Fontane. In: Civis. Marburg 1956. H. 15. S. 146148.

5 Seinen ersten Niederschlag findet diese neue Prosakunst in den Reisebildern Ein Sommer in London" (1854) undJenseit des Tweed" (1860). Feuilleton dem Stile und der Bestimmung nach sind dann zahlreiche Kapitel seinerWan­derungen durch die Mark Brandenburg" und schließlich seine Theaterbespre­chungen, die noch heute, über ein halbes Jahrhundert später, Gültigkeit haben.

6 Aus England. Studien u. Briefe über Londoner Theater, Kirnst u. Presse. Stutt­gart 1860.

7 Fontane, Th.: Aufsätze zur Literatur. Hrsg. u. m. e. Nachwort v. K. Schreinert. München (1963) = Sämtliche Werke. Abt. 3. Bd. 21,1. Literarische Essays. Stu­dien (1963). 21,2 (in Vorbereitung). Fontane, Th.: Schriften zur Literatur. Hrsg, v. H.-H. Reuter. Berlin 1960.

8 Fontane, Th.: Kritische Jahre, Kritiker-Jahre. Autobiographische Bruchstücke aus den Handschriften hrsg. (Eisenach 1934).

9 Was Fontane hierNachspiel" nennt, sind in Wirklichkeit 20 fruchtbare Jahre des Schaffens (1878-1898), in denen Fontane 16 Romane, Erzählungen und Novellen sowie 2 autobiographische Werke schafft, von denen Thomas Mann sagt, daßbis zu Effi Briest" hinauf einer immer besser als der andere geraten sei.

10 Roch, Herbert: Fontane, Berlin und das 19. Jahrhundert. Berlin. S. 178190.

11 Über die übliche Einstellung der Kritiker zum Theater schreibt Fontane in einem Brief an seine Tochter Mete am 21. 2. 1891: Die Kritiken sind alle wie von Verbrechern geschrieben, die nur immer auf der Hut sind, vor Gericht nichts zu sagen, was gegen sie gedeutet werden kann. Ich habe mich nie für

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