Band 1, Heft 8
FONTANE
BLÄTTER
( 1819 - 1969 ) 1969
THEODOR FONTANE
Unveröffentlichter Brief an seine Frau
Berlin 17. Juni 78.
Potsd. Str. 134.C.
Meine liebe Frau.
Seitdem ich vorgestern meinen Riesenbrief zur Post gab, ist nicht viel passirt. Ich ging in den Rütli (bei Metastasio 1 ) wo Zöllner 2 und Heyden- 1 waren. Letztrer, wie ich nachher erfuhr, war eben mit einer neuen Philippika gegen Tobrenz fertig; „Cretin“, „Imbecile“ etc. Er sollte das nicht thun. Wessen Arbeiten nach Paris zur Ausstellung geschickt, respektive von unsrem Nat: Museum angekauft werden, der kann kein Cretin sein. Dahinter steckt mal wieder 'was Persönliches. Ich begleitete Zöllner, der eine Conferenz mit Mutter Bandelow hatte, bis vor seine Thür, machte meinen Spatziergang und ging nach Haus.
Der gestrige Tag, wenn er auch sonst nichts brachte, war gesellschaftlich sehr bewegt; von 1 Uhr Mittags bis Mitternacht immer im Gange. Erst zu Heydens zur Geburtstagsgratulation, wo ich mich kurz faßte, dann von 3 bis halb 8 bei Novilles 4 , dann bei Wangenheims 5 . Bei Novilles traf ich Grimms 6 , ein mir fremdes ganz nettes Fräulein, und „Onkel Bianchi“, den Bruder der Frau v. N. Es war sehr nett; besonders Berichtenswerthes kam nicht vor; nur 2erlei. Frl. Desteuque ist vorübergehend wieder hier. Sie ist „französische Dame“ im Hause eines reichen Amerikaners, mit dessen Familie sie diesen trip nach Europa gemacht hat. Es geht ihr gut, und sie sieht wohl und munter aus. Das Zweite betrifft Stockhausens 7 .
385