Heft 
(1969) 8
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MASARU FUJITA (YAMAGATA IN JAPAN)

Ein umstrittener Spruch des alten Fontane

Bad Tölz, den 8. X. 1910, Landhaus Thomas Mann.

Sehr geehrter Herr Justizrat:

Wollen Sie für den freundlichen Ausdruck Ihrer Zustimmung meinen verbindlichsten Dank entgegen nehmen. Mein Referat über Fontanes Briefe erhebt nicht den Anspruch, eine erschöpfende Charakteristik des Mannes zu geben. Wenn ich ein oder das andere Wort gefunden habe, das der Empfindung seiner Verehrer Genüge thut, und das er selbst, wenn er noch unter uns wäre, als treffend und erkenntnishaft empfunden hätte, so wäre mir das eine schöne Genugthuung.

Was aber das Schlußcitat meines Aufsatzes betrifft, so bin ich das bitte ich erklären zu dürfen ganz und garnicht Ihrer Meinung, und auch bei dem Herausgeber des Nachlaßbandes werden Sie mit Ihrer Hypothese nicht durchgedrungen sein. Die formale Sorglosigkeit des Spruches zu­gegeben. Fontane hat ihn gewiß künstlerisch nicht wichtig genommen und ihn eben deshalb seiner Gedichtsammlung nicht einverleibt. Aber es liegt ganz sicher weder ein Druck- noch ein Schreibfehler vor, und die Version, die der Nachlaßband bringt, ist vollkommen richtig. Was Fontane aus­drücklich wollte, war gewiß nicht der wenig reizvolle Gedanke, das Beste am Leben sei, daß es einmal ende, sondern der: das Beste davon sei das Wissen, das es sendet, der Empfang der letzten und größten Antwort; die Lösung des letzten und größten Rätsels, der Ausgang, der Tod. Übri­gens hat mich die Wiederholung des Wortessendet niemals unmelodiös berührt, ja, ich ziehe sie wie Fontane es gethan hat der allzu nahe liegenden Reimbildungspendet entschieden vor.

In vorzüglicher Hochachtung Thomas Mann.

Diesen hier erstmals veröffentlichten Brief Thomas Manns vom 8. X. 1910 hat das Theodor-Fontane-Archiv zu Potsdam auf einer Kunst- und Buch­auktion 1 am 13. Mai 1964 erworben.

Glücklicherweise hatte ich Gelegenheit, in das handschriftliche Original einzusehen, als ich im Herbst 1967 das Fontane-Archiv besuchte. Sein Leiter erlaubte mir, diesen Brief in denFontane-Blättern kommentiert zu veröffentlichen.

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