Heft 
(1969) 8
Einzelbild herunterladen

Buchbesprechungen

Hans-Heinrich Reuter: Theodor Fontane. Grundzüge und Mate­rialien einer historischen Biografie. Leipzig: Verlag Philipp Reclam jun. Reclams Universal-Bibliothek 1969. Bd. 372. Erscheint demnächst.

Helmuth Nürnberger: Theodor Fontane in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Reinbek hei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH 1968.

Nicht nur für das Romanwerk Theodor Fontanes, die ,Gipfelleistung des deutschen kritischen Realismus 1 und das ,Eigentliche in seiner poetischen Produktion, trifft die ,Geschichte einer Verspätung 1 zu, auch der Leser­schaft des Dichters war sie über Jahrzehnte hindurch anzumerken. Der Balladendichter und märkische Wanderer Fontane galt ihr mehr als der Romancier. Wenig Anregung fand sie bei der literaturwissenschaftlichen Fachwelt, die über Ansätze in der Fontane-Rezeption nicht hinauskam und den Dichter längst nicht in dem ihm gebührenden Maße beachtete. Erst in jüngster Zeit wurde dieser Rückstand aufgeholt. Die ,Fontane- Renaissance 1 in der Gegenwart für Publikum und wissenschaftliche Forschung gleichermaßen zutreffend manifestiert sich in umfangreichen editorischen Vorhaben. Ein Ereignis war das Erscheinen der großen Fontane-Monographie von Hans-Heinrich Reuter. Zur Aufhellung des Bildes vom ,frühen Fontane 1 trug 1967 Helmut Nürnberger bei.

Von beiden Verfassern liegen nun Biografien über Fontane vor, die sich vorwiegend an eine breitere Öffentlichkeit wenden. Reuter folgt darin weitgehend seiner Monographie; der chronologischen Biografie und den Werkinterpretationen ist ein theoretisches Kapitel vorangestellt, das sich mit der ^historischen 1 Autobiographie Fontanes beschäftigt: Fontane sieht seine widersprüchlichen Kindheits- und Jugenderlebnisse, bedingt durch den Gegensatz von Herkunft und Heimat, Kolonistentum und Preußentum, nicht als Zufälliges an, sondern er sieht sie in der Ge­schichte begründet. So sind seine Protzen und Thormeyer, Neuruppiner Gestalten aus den ,Wanderungen durch die Mark Brandenburg 1 , nicht Einzelerscheinungen, sondern typische Vertreter des Preußentums im preußischen Neuruppin.

Nur schwer vermag er sich anfangs aus diesem ,Teufelskreis von Her­kunft und Heimat vertreten durch Michel Protzen auf der einen und Calvin auf der anderen Seite zu lösen. Verschiedene Auswege sucht er. Dem Bourgeois Michel Protzen steht die Idealfigur Othegraven in ,Vor dem Sturm 1 gegenüber, dessen ,Tod für das Vaterland 1 Fontane als eine