Heft 
(1969) 9
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einverstanden. Das Dejeuner bei ihm war sehr interessant; namentlich mit Dohm 9 , der ein liking für mich zu haben scheint, habe ifch mich angefreundet; wir konnten nicht voneinander los, so daß die andern schließlich lachten.

Die Ausstellung in der Nat.-Galerie hat mich sehr interessiert; sie besteht aus mehr als tausend Blättern von Funk 10 , Mintrop 11 , Elsässer 12 und L. Richter 13 . Wenn auch der zweite Artikel gedruckt sein wird, schick ich Dir beide, auch die Kritiken über Frau Erhartt und die Haverland 14 . Graf v. d. Goltz kommt nach Erfurt als Hauptmann im 36. Füsilier-Regiment. - Ich sollte am Sonntag mittag bei Stockhausens 15 sein, dann am Montag abend, dann am Mittwoch abend (morgen). Aber es zerschlägt sich wieder; ich muß morgen in den »Wil­helm Teil". Am Donnerstag oder Freitag, wenn irgend möglich, will ich nach Potsdam (zu Hesekiels) 16 und am Montag zu Bleibtreus 17 . Diese Theater-Wirt­schaft muß doch endlich ein Ende nehmen; von Sonnabend bis Sonnabend viermal, und die beiden langen Bilderbesprechungen, das ist zuviel. Da muß man Pietsch 18 sein. Er schreibt doch zu breit. Nächstens schicke ich Dir einen Aufsatz von ihm mit; vergleiche dann mal. Er verwendet seine großen Kräfte nicht richtig; auch darin fehlt wohltuende Ordnung. - Heute in der National- Galerie traf ich Frau Prof. Kaselowski 19 und gleich nachher Ottomar Beta 20 . Er wirkt doch nicht sehr erquicklich. - Der Sonntag bei Heydens 21 war sehr angenehm; Türckheims 22 natürlich sehr aufgeregt; als Gesandte des Karls­ruher Tochter-Hofes haben sie den Schuß halb mitgekriegt. - In der Nat.- Galerie, bei meinem ersten Besuch am Freitag, traf ich auch Frau Amtsrätin Karbe, geb. Flender 23 ; Gott, wie kann man sich so verplatten. Karbe, Christen­tum und dabei immer und ewig in andren Umständen. Dabei sprach sie von ihren »Zwillingen" und streckte den Bauch so vor, daß ich ihr schon sagen wollte: Hören Sie, sehen Sie sich vor; Ihrem Karbe, wenn er mit Christentum segelt, ist alles zuzutrauen. »Und was geschah, kann wieder geschehn", schließt Scherenbergs Waterloo-Gedicht 24 . Katharina Diez stand daneben, so klein und niesig, daß ich das Gefühl hatte: »Gott, die hätte auch noch Platz!"

Ergeh es Dir gut. Dein Th- F-

Anmerkungen

Der vorstehend abgedruckte Brief gehört zu dem seit 1945/47 vermißten Verlagerungsbestand des Theodor-Fontane-Archivs. Das Original wurde am 8. Mai 1969 auf einer Auktion der Westberliner Galerie Gerda Bassenge versteigert. Das Fontane-Archiv versuchte vergeblich, den ihm rechtmäßig zu* stehenden Brief zurückzukaufen; der uns unbekannte Einlieferer bestand trotz der Bemühungen der Auktionsfirma, das Autograph abzusetzen, auf Versteigerung (laut Katalog 1800,** DM). Unter diesen Umständen sieht sich die Redaktion der .Fontane-Blätter* genötigt, den Brief nach der Abschrift von Emilie Fontane zu veröffentlichen. Der Text befindet sich im Theodor-Fontane-Archiv, .dessen Brief­bestände*, wie Kurt Schreinert 1963 im Band 2 des .Jahrbuchs der Stiftung Preußischer Kulturbesitz , S. 117, schrieb, .vorwiegend leider nur aus Abschriften bestehen, die uns aber ebendeshalb um so wertvoller sind, als sich darunter auch Kopien zahlreicher bislang unbekannter oder verschollener Fontane-Briefe befinden und ungezählte Originalbriefe in den letzten Kriegstagen an ihrem Aus­lagerungsort im Osten der Mark Brandenburg in Diebeshände gefallen sind".

1 In Vertretung Ludwig Pietschs für die .Vossische Zeitung*.

2 Fontane an seinen Sohn Theodor am 2. November 1895 s .,Auch das Packendste lebt höchstens 9 Tage', ist ein englisches Sprichwort. Gewiß ist es auch gut so. Nur im Einzelfall mal schmerz­lich.* Zitiert nach: Fontanes Briefe in zwei Bänden, ausgewählt und erläutert von Gotthard Erler, Berlin und Weimar 1968, Band 2, S. 385, wo dieser Passus zuerst gedruckt ist.