Heft 
(1980) 31
Seite
557
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Am 4. Januar 1844 berichtet ein weiterer Brief an Fontane von einer neuen Ausgabe, die er von den Griechenliedem seines Vaters vorbereitet. 10 Im Zusammenhang mit dem Drudeverbot eines von ihm geschriebenen Vorworts zu dieser Neuauflage schreibt Müller, daß einem nichts übrig bliebe, als alle gegenwärtigen subjektiven Themen zu vermeiden und sich in die objektive graue Vergangenheit zu versenken. Damit erklärt er seine Arbeit an seinem ersten Opus, die deutsche Übersetzung der ältesten indischen Fabelsammlung Hitopadesa, die schon im März 1844 erschien. Man könnte sagen, Max Müller, mit seinem ganz ehrlichen und intensiven Interesse, hatte es gut, daß ihm die graue Vergangenheit Indiens so am Herzen lag und daher sein weiterer Weg klar vor ihm lag. Am Ende dieses Briefes wird Wolfsohn erwähnt, der ganz verschwunden sei und Schauen­burg, von dem er wenig wisse, außer daß er in Berlin beobachtet würde.

II

Wenige Monate später finden wir die beiden Freunde wieder zusammen in Berlin. Fontanes Bemerkung in Von Zwanzig bis Dreißig, daß er in jener Zeit in ein näheres Verhältnis zu Max Müller getreten sei, ist durch Tagebuchblätter und Briefe Max Müllers an seine Mutter belegt. Im April begann Max Müller sein Studium an der Berliner Universität fortzusetzen. Zu gleicher Zeit trat Fontane als Freiwilliger sein Militärjahr im zweiten Bataillon des Kaiser-Franz-Regiments, Neue Friedrichstraße an. Auch Prowe weilte einige Zeit dort, und Schauenburg war bis zum Frühsommer in Berlin und war dort wieder in Schwierigkeiten geraten, worauf schon Müllers Brief vom 4. Januar angespielt hatte. Max Müllers Bemerkung in seinem Tagebuch vom 27. April 1844 (siehe unten) mag mit diesen Schwie­rigkeiten Zusammenhängen, obwohl Fontanes Äußerungen, auf die Müller anspielt, eine persönliche Note der Enttäuschung erkennen lassen. Jeden­falls finden wir in den Sommermonaten des Jahres 1844 die beiden Freunde, Fontane und Müller, häufig zusammen und neben alte Freunde aus der Leipziger Zeit treten neue wie Lepel, den Max Müller bei Fontane trifft, und auch Fontanes Jugendfreund Scherz, der ihn damals nach England einlud, lernt Müller kennen. Andere Namen treten hinzu, vor allem auch Freunde Müllers. Max Müller wohnte damals Oberwallstraße Nr. 20, 3 Treppen hoch, bei einem Schuhmacher Schulz,kaum 200 Schritt von den Linden, und die Straße ist gerade der Hauptwache gegenüber schrieb er an die Mutter. Fontane, der so manche Stunde dort verbrachte, erzählt von den Vor- und Nachteilen dieser Wohnung bei einem Schuster in Von Zwanzig bis Dreißig. Er selber wohnte damals Klosterstraße 64, 2 Treppen hoch. Die Freunde trafen sich häufig beim Essen bei G. Rosch, Poststraße 1, Ecke Königstraße, und bei Wustrow und besuchten sich gegen­seitig, um sich über einsame Stunden hinwegzutrösten. Beide lebten in recht dürftigen Verhältnissen. Anfang Mai schreibt Müller an die Mutter, daß er zu Hause nur wenig esse, nur Brot und Butter und Kaffee ohne Milch und Zucker. Der Preis der Mahlzeiten bei Wustrow oder Rosch spielt immer eine große Rolle. Max Müller hatte seine Arbeit fest geplant, aber hatte mit großen Schwierigkeiten zu kämpfen, um an die gewünschten