geht, in welchem Fontane sich über die Freunde Müller, Schauenburg, Kriege und Köhler „und andere Kumpane“ erkundigt. „Müllem verfehlte ich im vorigen Jahr und bin somit ohne alle Nachricht.“ 18 Aber am 9. November 1849 war Müller bei Fontane: „ich habe mich sehr darüber gefreut“, schreibt dieser an Wolfsohn. 19 Möglich, daß er ihn auch im Januar darauf (1850) noch einmal gesehen hat, denn Fontane wohnte damals Luisenstraße 12, und aus einem Brief Max Müllers an seine Mutter (vom 25. und 30. Januar) wird ersichtlich, daß er auf seiner Rückreise durch Berlin Luisenstraße 38 wohnte. Wie mögen sich die beiden Freunde verstanden haben? Müller hatte die politische Szene auf dem Kontinent (mit Ausnahme der Februar-Revolution in Paris, wo er sich gerade kurz auf hielt) von außen beobachtet, er war nicht, wie seine alten Freunde, in die Dinge verwickelt worden. Er hatte sich auch mehr und mehr in seine Arbeit vertieft. “[...] I see also here at Berlin that revolutions leave the minds of men not in a favourable disposition for discussing questions connected with the history of bygone nations“, schreibt er am 8. November 1849 an Professor Boumouf. 20 Dagegen an Bunsen am 12. November 1849: „[...] Viele meiner alter Freunde habe ich hier wiedergefunden, und mit dem Überdruß an politischen Dingen, scheint das Interesse an wissenschaftlichen Fragen langsam wieder zurückzukehren. Die Niedergeschlagenheit in Preußen und in Deutschland ist groß, und die Guten sehen mit Schrecken wie das Pendel der Staatsmaschine, das im März so weit links geschwungen ward, jetzt mit derselben Vorsichtslosigkeit nach rechts geschwungen wird. Daß es auch von dort wieder eine Reaktion geben muß, daß nach dem Oktober der verweigerten Steuerverweigerung ein März folgen muß, scheint man zu vergessen — man glaubt das Pendel rechts festhalten zu können, ohne zu bedenken, daß entweder das Uhrwerk zerbrechen oder das Gewicht mit derselben Gewalt sich zurückstürzen wird.“ 21 Es sind nüchterne Betrachtungen eines jetzt Außenstehenden, wie anders Fontanes aufgeregte Briefe.
III
Im Briefwechsel Fontanes, soweit er uns überliefert ist, lesen wir von keinen weiteren Besuchen Max Müllers in den nächsten Jahren, und sein Name taucht auch sonst nicht auf. Merkwürdig ist, daß auch im Tagebuch der Londoner Reise vom Sommer 1852 Max Müller nirgends erwähnt wird. Sollte Fontane ihn während seines Londoner Aufenthalts wirklich nicht getroffen haben? Sollte er ihn vorher nicht von seiner Reise benachrichtigt haben, wie er es vor seiner Reise nach London im Herbst 1855 getan hat und worauf ihn Müller dann auch bald aufsuchte? Allerdings war Max Müller in diesem Sommersemester besonders stark beschäftigt und weilte vom Juli bis Oktober 1852 in Deutschland. Doch könnte er Fontane vorher, vielleicht bei Bunsen gesehen haben, den er oft besuchte. Aber alle schriftlichen Aufzeichnunegn wie Briefe und Tagebuch lassen uns im Unklaren.
Eine merkwürdige Parallelität im Leben dieser beiden Freunde ist die Begegnung mit Bunsen, dem preußischen Gesandten in London, die sich
563