' jr beide so verschiedenartig auswirkte. Schon im Jahre 1844 hatte Bunsen für Müller auf Empfehlung Alexander von Humboldts und der Baronin Emilie von Stoltzenberg aus Dessau, einer Verwandten Max Müllers, für diesen eine Privatlehrerstelle in England vermittelt, die Müller damals ausschlug. Eine ähnliche Vermittlung bewerkstelligte Bunsen im Sommer 1852 auch an Fontane (Mr. Sartorys), 22 es war damals eine jener Möglichkeiten, sich in England ein Leben aufzubauen. Als der junge Müller dann 1846 mit ganz bestimmten Plänen für seine Arbeit an der Rig-veda in London eintraf, wurde Bunsen nicht nur sein Gönner, sondern der väterliche Freund, der in dem jungen Sanskritgelehrten seine eigenen Jugendwünsche und -träume verkörpert fand und der alles tat, ihm die Wege zu ebnen. Max Müller war ein ständiger Gast im Hause Bunsens, und es entwickelte sich eine intime Freundschaft zwischen den beiden, die auf persönlicher Zuneigung und geistiger Basis beruhte. Der Gewinn war auf beiden Seiten; auch Bunsen sah in der Begegnung mit Max Müller den Beginn eines neuen Lebensabschnitts für sich.
Max Müller war dreiundzwanzig Jahre alt, als er durch Bunsen in das gesellschaftliche Leben eingeführt wurde. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten lernte der aus einem kleinen Herzogtum stammende Max Müller sich bald in diese große Welt einfügen — er war jung genug, um sich von einem Manne wie Bunsen hierin leiten zu lassen. Eine amüsante Steile in einem Brief an seine Mutter scheint sogar darauf schließen zu lassen, daß er die feineren in London gelernten Sitten auch am preußischen Hofe einführen wollte, als er durch Alexander von Humboldt zu einem Diner beim König eingeladen war!! 23 War Fontane mehr Rebell, oder ist es vielleicht die alte Geschichte von den sauren Trauben? Seine heftige Reaktion gegen die formelle Geselligkeit in London läßt beide Vermutungen zu. 24
Fontane wurde von Bunsen mehrmals eingeladen, zum Frühstück, wie es damals üblich war, zum Lunch und zu Empfängen. Auch er wurde, wie Max Müller, freundlich im Familienkreis aufgenommen, und der Sohn, Dr. Georg Bunsen, der mit dem fast gleichaltrigen Max Müller befreundet war, kümmerte sich besonders um ihn. Aber Fontanes Verhältnis zu Bunsen war von Anfang an voller Verlegenheit und Mißtrauen seitens Fontanes, den seine Arbeit für die Regierungspresse genierte. Es ist hier nicht der Ort, dieses Problem noch einmal aufzuführen, das in Fontanes Briefen so deutlich belegt ist, vor allem im Briefwechsel mit Lepel, der in seinem Empfehlungsschreiben an Bunsen Fontanes wirkliche Lage aufgedeckt hatte, während Merckel sie verschwiegen hatte. Die ganze Situation war höchst verzwickt, aber ich glaube, daß Fontane Bunsen verkannte und ihm Unrecht tat. Fontanes Unsicherheit und Mißtrauen waren derart, daß selbst die artigste und liebenswürdigste Behandlung und Georg Bunsens ausdrückliche Bestätigung, daß sein Vater es gut mit ihm meine, ihn nicht davon überzeugen konnte, daß er ihm, dem jungen Literaten und Dichter, durchaus geneigt war zu helfen. Bunsen hat Fontane sofort mit einer literarischen Aufgabe, der Übersetzung eines Gedichts von Fanny Kemble, bedacht und ihn zur Beteiligung an einem literarischen Wett-
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