Leben dort unmöglich machen; diesen Schwankungen, uns so gut aus Fontanes Briefen des zweiten und dritten Englandaufenthalts bekannt, war auch Max Müller ausgesetzt, der vom Glück mehr begünstigt war als Fontane. Schicksal zweier Zeitgenossen, denen die politischen und gesellschaftlichen Zustände des eigenen Landes die Entfaltung ihrer Talente dort erschwerten, wenn nicht unmöglich machten.
Max Müller entschied sich für England; er ließ sich naturalisieren und ging ganz im englischen Leben auf. Fontane kehrte im September 1852 nach Berlin zurück, aber versuchte es noch einmal ein paar Jahre später und blieb dreiundeinhalb Jahre. Jetzt sahen sich die Freunde wieder; es war das dritte Mal in ihrem Leben, daß sie des öfteren Umgang miteinander pflegten. Am 10. September 1855 kam Fontane in London an, einen Monat später, am 9. Oktober registriert Fontane in seinem Tagebuch schon einen Besuch von Max Müller und einem seiner Oxforder Freunde, wahrscheinlich Walrond. 31 Sie amüsierten sich zusammen in der Stadt und gingen dann zu Simpson essen. Hier und im dazugehörigen Cafe Divan trafen sie sich später auch gelegentlich und zufällig. Es lagen dort kontinentale Zeitungen aus und Cafe Divan wurde von Deutschen und anderen Ausländem als Club benutzt. Fontane gedenkt dankbar der Einführung durch Max Müller in Von Zwanzig bis Dreißig. Auch auf der Gesandtschaft treffen sie sich wohl einmal, so am 15. Juni 1856, wo Müller ihn nach Oxford einlädt. In den nächsten zwei Jahren korrespondieren sie miteinander, auch mit Müllers Freund Walrond korrespondiert Fontane. Wahrscheinlich handelt es sich um seine Arbeit, Fragen über englische Universitäten und andere Institutionen. Leider sind die Briefe nicht erhalten. Die letzte Erwähnung eines „Nachmittagsbesuches“ von Max Müller ist am Mittwoch, den 16. Juni 1858, wo Fontane mit ihm und Emilie „in den amerikanischen Zirkus“ geht. 32 Das längste Zusammensein war Fontanes Besuch bei Müller in Oxford, vom Sonntag, dem 10. August bis zum Mittwoch, dem 13. August 1856, als Müller in 55 St. John Street wohnte. Fontane wurde im Nebenhaus 56 St. John Street untergebracht. Müller zeigte ihm Oxford und die Colleges und zum Schluß Godstow, wo die schöne Rosamunde gelebt haben soll und entführt worden sei. Müller liebte einige Verse dieses kleinen Epos besonders und zitiert sie in seinem Auld Lang Syne. Fontane hat diesen Besuch in seinem Vortrag und Artikel über Oxford und die englischen Universitäten ausgewertet. 33
Müllers Mutter war gerade zu Besuch und der Freund Theodore Walrond war auch zugegen. „Alles reich und nobel“, „sehr heiter und belebt“,' so beschreibt er die Atmosphäre. 34 Die Eintragungen im Tagebuch sind sachlich, nichts von persönlichem Gedankenaustausch. Zwölf Jahre waren seit den Tagen ihrer Berliner Freundschaft vergangen. Der eine scheint von Erfolg gekrönt, der andere hatte noch zu kämpfen. In einem Brief an Emilie gibt Fontane ein Bild des so erfolgreichen Freundes: „Müller war sehr nett; aber doch völlig wie ein großer Mann. Denke Dir ein Gemisch von Paul Heyse und von — Scherz, so hast Du ihn genau. Er hat die Ruhe, die Sicherheit und die Einfachheit eines Menschen, der von seiner Bedeutung und seiner Ueberlegenheit über die Tausende um ihn her durch -
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