Heft 
(1980) 31
Seite
578
Einzelbild herunterladen

Landgrafenstraße. Hier herrschte dieselbe gute Laune weiter, der Frohmut der Flitterwochen war geblieben und Käthe lachte nach wie vor. 15

*

Um eine poetische Atmosphäre zu erreichen, spielt in Fontanes Romanen die Landschaftsmalerei eine große Rolle. InIrrungen, Wirrungen benutzt Fontane kontrastierende Beschreibungen der Landschaft: die leuchtend­helle Landschaft des Stadtrandes (Kap. 1) und die ärmliche Gärtnerei der Dörrs, die poetischen Landschaftsbilder der Umgebung vonHankeis Ablage und die betont prosaischen Gespräche von Bothos Freunden (Kap. 13).

Die Beschreibungen der Spaziergänge in die Umgebung sind mit ihren unerläßlichen Naturmalereien ein Leitmotiv vonIrrungen, Wirrungen . In der Kapiteln 11 bis 13 wird uns die Idylle inHankeis Ablage' vor­geführt: das Liebespaar und besonders Lene, die für Natur empfindsam und für Schönes voller Verständnis ist. Sie ist verstimmt über die Litho­graphieSi jeunesse savait, dennihre feine Sinnlichkeit fühlte sich von dem Lüsternen in dem Bilde wie von einer Verzerrung ihres eigenen Gefühls beleidigt. 18 Doch dieser bedrückende Eindruck hebt sich von ihrer Seele durch die zauberhafte Schönheit der Nacht:Eine tiefe Stille herrschte, nur in der alten Ulme ging ein Wehen und Rauschen, und alles, wes eben noch von Verstimmung in ihrer Seele geruht haben mochte, das schwand jetzt hin, als sie den Blick immer eindringlicher und immer entzückter auf das vor ihr ausgebreitete Bild richtete. Das Wasser flutete leise, der Wald und die Wiese lagen im abendlichen Dämmer, und der Mond, der eben wieder seinen ersten Silberstreifen zeigte, warf einen Lichtschein über den Strom und ließ das Zittern seiner kleinen Wellen erkennen. 17

Nach der Trennung von Lene fährt Botho mit seiner Frau Käthe hinaus aus der Stadt:Und wirklich, sie fuhren hinaus, und wiewohl die Char­lottenburger Luft noch mehr hinter dem ,Atem Gottes* zurückblieb als die Berliner, so war Käthe doch fest entschlossen, im Schloßpark zu bleiben und Halensee fallenzulassen. Westend sei so langweilig, und Halensee sei noch wieder eine halbe Reise, fast wie nach Schlangenbad, im Schloß­park aber könne man das Mausoleum sehen, wo die blaue Beleuchtung einen immer so sonderbar berühre, ja, sie möchte sagen, wie wenn einem ein Stück Himmel in die Seele falle. Das stimme dann andächtig und zu frommer Betrachtung. Und wenn auch das Mausoleum nicht wäre, so wäre die Karpfenbrücke da, mit der Klingel dran, und wenn dann ein großer Mooskarpfen käme, so wär es ihr immer, als käm ein Krokodil. Und vielleicht wär auch eine Frau mit Kringeln und Oblaten da, von der man etwas kaufen und dadurch im kleinen ein gutes Werk tun könne, sie sage mit Absicht ein ,gutes Werk* und vermeide das Wort christlich, denn Frau Salinger habe auch immer gegeben. 18

Verständnis für die Natur ist eines der wichtigsten Mittel Fontanes zur Charakterisierung seiner Gestalten. Nur poetische, humane und aufrichtige Menschen vermögen es, sie zu genießen (im vorliegenden Falle Lene