herzustellen (viele, aber nicht beliebige), Vermittlungen und Bezugspunkte sauber zu scheiden und angemessen zusammenzufügen, dürfte angesichts des Charakters der Quellen schwierig bleiben. Die Auswahl muß begründet werden, die Versatzstücke dürfen nicht fugenlos geglättet werden. Der Charakter der Suche vor allem, einer Debatte mit wechselnden Partner ist zu berücksichtigen, und es erscheint doppelt wichtig, Widersprüche nicht zu verschweigen, sondern sie zu benutzen. Oft sind gerade sie Indiz und Wegweiser, daß die betreffende Teilfrage für Fontane nicht abgeschlossen war, daß er die Überlegungen an anderer Stelle fortzuführen gedachte. Vier grundlegende Momente für die Einzeläußerung sind zu berücksichtigen:
— ob die jeweilige Aussage in einem Brief, einem Aufsatz (veröffentlicht oder unveröffentlicht), einer Rezension oder Kritik erschien; Anlaß und Adressatenbezug sind zu berücksichtigen
— worin der jeweilige Zusammenhang mit gleichzeitig verfaßten, geplanten oder rezensierten Werken Fontanes besteht; Rechtfertigung, Kritik und weitere Ausformung des eigenen Werkes spielen oft eine Rolle, bestimmen Gestus und Richtung der Wertungen
— im weiteren Sinne muß die materielle Existenz Fontanes und seiner Familie (die jeweilige Lebenssituation) berücksichtigt werden; nicht zuletzt sein Verhältnis zu Freunden, Verlegern, Kritikern — seine Bindung an den Buchmarkt im weiteren Sinne und
— im weiteren Sinne muß die materielle Existenz Fontanes und seiner muß der sich wandelnde Wissensstand (damit: der denkbare Rückbezug auf andere Äußerungen) über die herrschenden Verhältnisse und Kämpfe der Klassen in die Betrachtung einbezogen werden.
Ruft man sich allein den Tatbestand der lebenslangen Bindung und Distanzierung gegenüber dem Preußentum in Erinnerung (wie ihn P. Wruck nachgezeichnet hat), so erscheint die skizzierte Aufgabe fast unmöglich. 5 Der mit Recht so hoch bewertete alte Fontane, der in der Arbeiterschaft die Zukunft zu erblicken vermag, schreibt 1848 (mit der Erfahrung der Berliner Barrikadenkämpfe):
„Unsere Einheit ohne das ganze Maß der Freiheit ist ein Unding, sie bleibt ein unlösliches Problem ... “ (DjF 419), setzt indes schon 1853, mit neuen Einsichten in englische Verhältnisse hinzu:
„Wir haben Bevormundung und Polizei, und der beschränkte Untertanen verstand 1 bildet noch immer die Basis von allerhand Gut- und Schlechtgemeinten; wir werden klein genommen und sind’s in unserer Jagd nach Titeln und Orden, wir sind zu Hunderttausenden noch die Philister und Krähwinkler der Weltgeschichte und stehen doch da als die Träger und Apostel einer echten Demokratie. Das Wort von der Freiheit und Gleichheit ist nirgends weniger eine Phrase als bei uns. Wir haben keine politische Demokratie, aber eine soziale. Wir haben Klassen, aber keinen englischchinesischen Kastengeist: wir haben Schranken, aber keine Kluft.“ 5
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