Alter und junger Fontane gehören zusammen im Sinne des aufzuzeigenden Weges, ohne daß dies eine allein nach einer Seite hin aufzulösende Gleichung wäre.
Als Lösungsweg bietet sich ein Grundriß an, indem versucht wird, über bestimmte Knotenpunkte der Entwicklung (Auswahltexte) in das Geflecht der Einzelfragen vorzudringen, um weiterführende Zusammenhänge vom Wesen einer Realismus-Vorsetllung aufzudecken. Diese Thesen stehen zur Diskussion, zur Korrektur und Ergänzung.
III. Phasen und Konzentrationspunktc
Soweit ich es übersehe, konzentrierten sich Fontanes Äußerungen um folgende Ereignisse und Aufsätze:
1. Die Jahre um 1848, in denen Erfahrungen der Leipziger Herweghzeit, Ansichten seiner ersten „Tunnel“-Jahre sowie publizistische Kämpfe der Revolutionsjahre zusammenfließen. Diese Ansichten konzentrieren sich in dem Aufsatz aus den „Deutschen Annalen“ „Der Realismus unserer Zeit“ (1853 anonym), allgemein als Fontanes Debüt als Kritiker und Theoretiker verstanden. Erste England-Erfahrungen, seine „Männer und Helden“ (1849), aber auch das erste Reisebuch, Reportagen und Kritiken für deutsche und englische Zeitungen wirken im Kontext, 7 im weiteren Sinne die Hoffnung auf feste Anstellung, der fehlgeschlagene Versuch in München folgt (1859). Und während bereits die ersten Studien zu den „Wanderungen“ entstehen, der erste Roman mit historischem Milieu in Arbeit ist, folgen weitere charakteristische Beobachtungen zum Shakespeare-Theater in England (im Vergleich mit Deutschland). Die neuen Vorbilder (besonders Scott) finden Anwendung im großen Alexis-Essay (1873), in der Ausein- andersetung mit deutscher und englischer Romantik, die diesen ersten größeren Abschnitt abrunden. Der Weg zum eigenen Roman ist beschritten.
2. Den 50er und 60er Jahren folgt in den 70er Jahren ein Durchbruch zu neuen Realismus-Kriterien. Im Zusammenhang mit einer wichtigen Zäsur der politischen Entwicklung (1870/71), die auch für die Dichter-Biographie starke Veränderungen aufv'eist (Übergang von der Kreuz- zur bürgerlichen Vossisdhen Zeitung, Kriegsgefangenschaft in Frankreich, letzter Anstellungsversuch, bei der Akademie (1876), erfolgt der entscheidende Durchbruch zum Romancier, der vom Markt abhängig ist. Die Fertigstellung des „Sturm“ erfolgt 76-78, erste Pläne zu „Schach“ sind bereits nachweisbar. Dennoch ist Fontanes Vorstellung vom (historischen) Roman in der Krise. 7 Überlegungen zum zeitgenössischen Roman schieben sich in den Vordergrund. An Spielhagens und Freytags Romanen, an Kellers und Storms Novollen werden Stilfragen und Traditionsbezüge diskutiert. Goethes Prosa wird neu gesichtet, Schuld- und Motivierungsproblematik tritt hervor. Und noch ehe in den 80er und 90er Jahren das neue Polemikfeld des deutschen und europäischen Naturalismus hinzutritt, werden an Fragen und Entwürfen über Romantypen, Zeit(ab)bilder und erste Wirkungsüberlegungen Kriterien für das eigene Werk abgesteckt, die sogleich in die Krise
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