Heft 
(1980) 31
Seite
589
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(i. S. der Überprüfung) geraten, als mit Zola, später Ibsen, aber auch Paul Lindau, Patenius, Kielland u. a. sich ein neuer Realismus formiert und sich um Zeitschriften gruppiert. Die Abgrenzung zur Trivialliteratur nimmt schärfere Züge an.

3. Mitte der 80er Jahre, besonders gegen Ende des Jahrzehnts und in den ersten 90er Jahren tritt die Reflexion über das eigene Werk als selbstän­diger Strang der Auseinandersetzung hinzu. Vielfach mit den Aufsätzen Über Realismus und Romantizismus (1889) verwoben, drängen sich nun z. T. sehr widersprüchliche Äußerungen zur Perspcktivegestaltung in den Vordergrund. In diesem Zeitraum ,in dem die kaiserliche Regierung zu einer offen imperialistischen Politik übergeht, verändert sich im litera­rischen Bereich das Polemikfeld rasch, die soziale Thematik und künstle­rische Problematik der Naturalisten drängt Fontane weiter. Und indem er gleichzeitig neue, tiefere Einsichten über dieGesellschaftliche Stellung der Schriftsteller (Aufsätze 188191) formuliert, kollidiert seine Abgren­zung vom Naturalismus mit den eigenen Wünschen und Vorstellungen vom Menschen auf ebenso widersrpüchliche wie fruchtbare Weise. Mit der wachsenden Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen nehmen Überlegungen zu Funktion und Wirkung von Literatur zu, ohne daß die objektiv durch die kapitalistisch-imperialistische Entwicklung gesetzten Grenzen gesprengt oder überwunden werden können. Fontanes Bewegung in diesem Zirkel ist interessant, weil sie trotz des unsystematischen Cha­rakters der Aufzeichnungen den weiten Radius geschichtlicher Einsichten eröffnet. Diese These soll im V. Abschnitt präsiziert werden (S. 61113).

IV. Thesen zu den einzelnen Schriften

(1) Mit der gesamten Forschung sind wir der Meinung, daß Fontanes erste umfassende Stellungnahme zu Kunst und Literatur (1853) mit der nach­drücklichen Betonung des wirklichen Lebens in der Kunst einsetzt und daß dieser Gedanke eine bestimmende Grundlinie, die tragende Achse aller weiteren Veränderungen in seinen Ansichten geblieben ist.-Was unsere Zeit nach allen Seiten hin charakterisiert, das ist ihr Realismus. 1 ' (SzL/3) Subsumiert Fontane hier alle Kunst unter der FormelDer Rea­lismus ... ist die Kunst (ebd.'4), so läßt sich mit wachsender Ausprägung seiner Ansichten, mit zunehmender Auseinandersetzung und Einsichten in den Zusammenhang von Literatur- und Gesellschaftsentwicklung eine sparsamere Verwendung des Begriffs, zugleich eine deutlichere Abgrenzung und Konturierung vomRealismus unserer Zeit beobachten.

Die Programmschrift jener ersten Phase zeigt Fontane in vieler Hinsicht auf Vormärz-Positionen. Das gilt einmal und vor allem für den Vorrang der sozialen Problematik in der Kunst, zum anderen für die von ihm ge­zeichnete Traditionslinie, und drittens, im Zusammenhang damit, für eine erste Anstrengung des Begriffs.

Werden hier (1853) noch diemateriellen Fragen, dassoziale Rätsel als direkte Bezugspunkte genannt, so verdünnt sich dieser Zusammenhang doch auch schon in den mehr abstrakten Forderungen, daß dieser Realis-