von Korinth' mit ihrem wunderbar verzwickten Problema sind nichts weniger als angetan, dem Realismus seine heiterste Miene abzugewinnen. Noch einmal: er läßt die Toten oder doch wenigstens das Tote ruhen... aber freilich weiß er auch, daß unter den Trümmern halbvergessener Jahrhunderte manche unsterbliche Blume blüht.“ (SzL'9/10)
(2) Läßt man Fontanes frühen Übersetzungsversuch des „Hamlet“ außer Betracht (vgl. DjF 151 ff) ,so sind seine Shakespeare-Studien aus England (1858) vor allem dadurch bemerkenswert, daß Überlegungen zu Stücken und Aufführungen mit solchen über einen aktuellen Publikumsbezug korrespondieren (SzL/142 ff). Der „Arbeitsmann“ von der Werft, die „Grenadiere der schottischen Garde“ fänden in solchen Stücken über die rein „äußerlich“-unterhaltsamen Angebote durchaus eine Brücke zu ihren Erwartungen, zu ihrem Leben. Und da F. die Aufgabe des Theaters in der Ausprägung eines „feineren“ Sinnes für Kunst und Leben sieht, gelangt er zu der Auffassung, daß Shakespeare „mehr auf die Vorstadtbühnen als ins königliche Theater“ gehöre. Komik und Tragik werden — in diesem Zusammenhang — nicht als werkimmanente Textkriterien begriffen, vielmehr als mögliche Effekte, bei deren Zustandekommen das Publikum mitspräche. „Unter natürlichen Leuten“, meint Fontane (SzL/144), könne man in diesem Sinne Entdeckungen machen, „Freuden“ haben, die einem anderswo versagt blieben. Im Blick auf Deutschland, wo man Shakespeare vorwiegend für Gebildete spiele, fordert F., daß man ihn anders, vielfältiger, mehr auf Aktion (als auf Monologe hin) spielen solle, weniger als „caviar for the people“. Freilich, die Macht der gesellschaftlichen Basis für die Rezeption erkennt er nur partiell: „Mal prüde, mal frivol, haben wir den Sinn für das Humoristisch-Derbe verloren... (SzL/141)“, und weiter, daß „wir mit unserem Raffinement auf falschen Wegen des Geschmackes sind“ (143). In Deutschland, als er seine noch in England erhobene Forderung, die „Historien“ zu spielen, in den siebziger Jahren verwirklicht sieht, „Heinrich der IV.“ am Königlichen Schauspielhaus (1873 u. 1877), wendet er ein, „unsere Epoche hat eine andere politische Moral“ (SzL/136), und 1877 fordert er, man möge die Szenen, in denen jener Heinrich der IV. intrigiere, kühn streichen, sonst liefen sie Gefahr, als „eine Verherrlichung des Satzes“ aufgefaßt zu werden, „daß die jeweilig etablierte Macht alles tun darf“ (ebd.). Das ist zwar engagiert geschrieben, aber hier wie andernorts weniger der Sache gerecht werdend (der hist. Substanz der Historien), eher dem eigenen Anliegen. Shakespeare blieb, nach Fontanes Worten, zeitlebens „die Vollendung des Realismus“ (SzL/364), aber es fällt auf, daß die damit verbundene Vorbildqualität zu ganz verschiedenen Zeiten und in sehr unterschiedlichen Zusammenhängen in Fontanes Programm paßt. Seine Rezensionen zum „Sommemachtstraum“ (1871 u. 1882), zum „Hamlet“ (1877) u. a. Stücken zeigen, daß der deutsche Romancier erst spät von der szenischen Simultantechnik des großen Engländers lernt, im einzelnen aber wohl (wie damals üblich) den Text der Stücke so wörtlich prüft, daß ihm schon von daher oft „die breite Woge des Behagens fehlt“ (SzL'135). Die häufige Hervorhebung des „Hamlet“ (Dresden, 52, London, 58, Berlin, 74 u. 77 bzw. in der Lektüre-