empfehlung von 1894) läßt vermuten, daß Fontane hier trotz der Entdeckungen im englischen Volkstheater mehr deutscher Tradition folgt.
(3) Fontanes Auseinandersetzung mit Alexis (gedr. 1873) gipfelt in einem Vergleich mit den historischen Romanen Scotts; er stellt (im Vergleich mit den frühen Shakespeare-Studien) eine beachtliche Weiterführung des eigenen poetischen Programms dar; einen Neuansatz im Umgang mit nationaler Geschichte, der die kritische Würdigung Goethes, auch Schopenhauers u. a. einbezieht. Er bezieht seinen Impuls aus den Englanderlebnissen, basiert aber zugleich auf den Bemühungen um einen eigenen Roman, kann sich mithin auf die Vorversuche der „Wanderungen“ und der ersten Kriegstagebücher stützen. Realismus und Romantizismus werden noch als Gegensätze, schon aber auch als mögliche Einheit gesehen (wie das dann theoretisch 1889 verallgemeinert wird).
Der große Essay (50 Seiten) setzt bei der Frage nach den deutschen Möglichkeiten für einen historischen Roman an und schließt mit der Sicht auf die nicht vergleichbaren Voraussetzungen bei Scott und Alexis (unterschiedliche Bedingungen für Nationalliteratur; vgl. SzL/65). Stoff und Gestaltung, Individuelles und Typisches (ebd. 37—44), Genrewahl und Perspektive (44—57) werden unter dem Aspekt des Maßes erörtert (58), und dieses Maß wird als eine Synthese aus den individuellen und allgemeinen Potenzen eines Stoffes und seiner Bearbeitung hergeleitet. Dem „märkischen Scott“ (Alexis) wird historischer Sinn und moralische Integrität bescheinigt, nicht aber die künstlerische Souveränität gegenüber dem nationalgeschichtlichen Stoff eines Scott. Indem dieser als Vertreter einer von Fontane konstruierten „Altromantik“ apostrophiert wird, wird nicht nur gegen eine mißverstandene Romantik-Nachfolge polemisiert (die als „Spuk“, „Marotte“, „dunkelhäutige Mystik“, als „Begeisterung für einen Schemen“ erscheint), sondern es erfolgt eine wesentliche Begriffserweiterung der eigenen Realismusvorstellung, die die sog. Altromantik als etwas „Ewiges“ ansieht, das sich „nahezu mit dem Begriff des Poetischen deckt.“ (67) Hier, wie in den etwa zeitgleichen Anmerkungen zu Sophokles, Goethe und Schopenhauer wird sichtbar ,in welcher Richtung F. sowohl gegen zu eng verstandene Tendenz-Dichtung als auch zu weit verstandene Geschichtsdichtung angeht, um eigene Wege zu finden. Beide Begriffe stehen nicht mehr für historisch-konkrete Programme, obwohl da ihr Ursprungsfeld, auch für Fontane, liegt. Die Berufung auf Scott setzt (implizite) bei der Abkehr von jener romantischen Opposition gegen das bürgerliche Zeitalter an, die eine „exzentrische Subjektivität! (Lukäcs) gegen die Überflüssigkeit des Individuums unter kapitalistischen Verhältnissen gesetzt hatte. Die Berufung auf Geschichte als weiterwirkende Substanz in der Gegenwart, für ein gegenwärtiges Bewußtsein, zeigt Fontanes gesunden Determinismus, der freilich auch unentwickelt ist und noch vor einer erneuten Begründung für bürgerliches Krisenbewußtsein auftaucht. Fontanes Suche aber geht weiter und führt in diesem Punkte erneut zu Goethe, später zu Zola und über Ibsen zu G. Hauptmann. Nach dem allgemeinem Gesetz von Bruch und Kontinuität gegenüber der Tradition 9 tritt in dieser späten Phase (Ende der 80er Jahre) auch Scott