und ziehe sie der von — soweit Kunst und Dichtung in Betracht kommen — von Realismus und Idealismus vor.“ (ebd.). Mit Kunst ist vor allem Mahlerei gemeint, und erinnert man, daß diese Verständigung in den Jahren der ersten Zola-Kritiken einsetzt, so wird man die vorliegende Abstraktion weit, wenn auch nicht sonderlich ergiebig ohne den Kontext der eigenen Suche nennen dürfen. Folgen wir den Begründungen.
Dominante Gesichtspunkte sind folgende:
Alle neueren Versuche, gleich, ob sie sich Naturalismus, Realismus oder Impressionismus nennten, seien gegen die „Gleichgültigkeitsproduktion“ gerichtet (Hervorhebg. Th. F.). Womit immer sich solche Werke beschäftigten, sie versuchten, den neuen Ansatz zu gewinnen .indem sie dem Stoff einen „Wert“ hinzufügten, „irgendein neues Element“ (AzL/172), „etwas Neues, daß eine Erweiterung oder Vertiefung aufzuweisen hat.“ (ebd.). Ausdrücklich wird eine solche Suche auch dem „Idealismus“ zuerkannt, „Denn der Idealismus ist auch etwas Reales (AzL/171), niemand könne einer Idee die Realität absprechen. Fontane geht noch einen Schritt weiter in dieser Gleichsetzung, wenn er die offenbar erkannten (wenn auch hier nicht konkret benannten) Unterschiede nur als „jeweilige Mode“ bezeichnet (171), sofern die beiden Richtungen ihre „Schuldigkeit“ im Sinne eines Wahrheitsanspruches erfüllten. So gesehen, lägen die Unterschiede nur noch im Ansatz, im Herangehen. Die unterschiedlichen Ausgangspositionen von Realismus und Romantizismus begreift F. als a) Echtheit der Empfindung, b) Stil, wobei einmal mehr Gefühl und Empfindung, im anderen Falle stärker der Verstand hervortrete. „Stil“ sei stärker ein „Kunstprqdukt, Sache der Erkenntnis, ein Etwas, dem der Künstler bewußt nachstrebt“ (171).
Sind Realismus und Romantizismus ohnehin keine historischen Positionen, so operiert Fontane mit diesen stiltheoretischen Kategorien doch nicht ohne Zeitbezug, freilich vermittelt.
Echtheit und Stil bedingen sich zugleich, also „dasselbe Ziel auf zwei verschiedenen Wegen“ (ebd.). In diesem Ansatz treten zunächst nur Fragen der individuellen Arbeitsweise hervor. Vergleicht man frühere und zeitgleiche Überlegungen zum Stil bzw. über Stilbrüche bei anderen Autoren (Keller z. B.), so tritt deutlich die Verknüpfung der Aussagen mit Fragen der Perspektivegestaltung hinzu.
(7.2) Noch einmal, im gleichen Jahre 1889, betont der annähernd 70jährige Fontane den Wert romantischer Dichtungen für sich: diese seine Lieblingsgattung verdränge sogar die Bewunderung für die „realistische Schule“ (SzL/217). Die englische Volksballade (Chevy-Chase, 16. Jh.), Bürgers „Leonore“, Goethes „Erlkönig“, Strachwitz’ „Douglas“ und Schillers „Jungfrau“ werden genannt. Letzteres überrascht, die anderen Werke könnten bereits 1853 benannt worden sein, oder 1873, denn auch damals war nicht so sehr die deutsche Romantik das Vorbild. Romantisches wurde als Ersatzwert für Poetisches verwendet. Aber - die Begründung für die Vorbild- (und Traditions)-Wahl ist ein Produkt der 80er Jahre und neuer Erfahrungen mit bürgerlichem Individualismus, Naturalismus usf.
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