an Fontane bestätigen die oft nur zwischen den Zeilen ablesbaren und z. T. in kniefälliger Höflichkeit vorgebrachten Einwände und Bedenken Fontanes. Nicht allein die Person der beiden Literaturkundigen tritt aus solchen Briefen hervor.
Rodenberg lehnt z. B. 1893 die sog. „Sommerbriefe über Politik und Literatur“ im Namen des Publikums ab (vgl. Briefe vom 22. 6. 93, 19. 2. 1896). 19
Alle Zusammenhänge, die das entstehende oder gedruckte Werk Fontanes betreffen, können auf diese Weise nicht aufgedeckt werden. Aber die damit verbundenen Fakten können und sollten in die Intrepretation der Äußerungen Fontanes über die „Stellung der Schriftsteller“ einbezogen werden. Das Konkrete trägt und modifiziert den allgemeinen Zusammenhang. Der Resignation des Dichters stehen lebenslange Bemühungen um „sein“ Publikum, die Kritik und die Verleger zur Seite.
V. Zusammenfassung
Kunstentstehung und Kunstwirkung sind gesellschaftlich und historisch determiniert — gleichwohl auch das Bewußtsein ihres wechselseitigen Zusammenhanges. Daß Fontane in diesen weiten Zirkel von Überlegungen vorstieß, ist bemerkenswert und eng mit der Frage verbunden, wie und mit welchen Argumenten er seine Ausgangsposition vom „Realismus unserer Zeit“ stützt, variiert, erweitert und präzisiert. Von Anfang an gebührt dem tatsächlichen Leben vor der Kunst der Vorrang in seinen theoretischen Schriften, wie andererseits von den Äußerungen der 50er Jahre an Literatur als eine gesteigerte Lebenswirklichkeit (Kunstwahrheit) verstanden wird. (Man vgl. besonders die Thesen 1; 5.1 u. 5.4, sowie die Thesen 7.4 u. 8.3.)
Fontane bemüht sich um einen Realismus, der immer stärker den Leser ins Auge faßt. Zwar gibt es in dieser Hinsicht keinen radikalen Durchbruch (was die Funktion der Kunst anbetrifft), aber es ist zu beobachten, daß seine Vorstellungen von einer wachsenden Einsicht in die Bedingungen der Rezeption mitbestimmt werden. Welcher Wert diesen Ansichten zukommt (als einer Ebene der Selbstverständigung), sollte vor allem im poeitschen Werk des Dichters weiterverfolgt werden. Der Blick auf seine Aufsätze zur Literatur kann dafür wichtige Anhaltspunkte liefern.
Ein solcher Punkt, der mannigfach mit bestimmenden Leitlinien verbunden ist (vgl. die Teilzusammenfassung in These 7.3), betrifft Fontanes Suche nach einer den Text überschreitenden Wirkungsvorstellung. Indem „Erhebung“ in Frage gestellt wird (vgl. Th. 5.2 u. 6.3), „Unterwerfung“ und ■ Resignation“ in die Überlegungen einbezogen werden, wird glatte Vor- bildlichkeit verworfen, nicht aber der Anspruch auf Engagement für die Figuren, auf Wahrhaftigkeit und Lebenshilfe - freilich in einem widersprüchlichen Konzept, insofern die Anerkennung und Macht der tatsächlichen Verhältnisse in der Klassengesellschaft affimartive Deutungen nicht
uusschließt.