Heft 
(1980) 31
Seite
618
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Angesichts dieser Skizze Stahrs möchte man fast annehmen, daß Stahr und Fontane bereits damals persönlich miteinander bekannt waren. Daß es jedoch in der Tat erst Anfang 1849 zu einer persönlichen Begegnung zwischen Fontane und Fanny Lewald sowie Adolf Stahr gekommen ist, dürfte die Formulierung der Einladung bestätigen, die Fanny Lewald Lepel am 19. Februar 1849 zugehen ließ. Sie schrieb, Stahr werde sich freuen, Sie wiederzusehen, und Sie sollen uns dann einmal Fontänen mitbringen, von dem mir der hübsche, liebliche Paul Heyse 11 so viel gesagt hat. 12 Vermutlich hat Lepel dieser Aufforderung Folge geleistet, so daß sich Fontane und die Lewald Ende Februar oder Anfang März 1849 erst­mals gesehen haben. Nun setzte der persönliche Kontakt ein, der etwa ein Jahr lang aufrecht erhalten wurde. Fontane ließ Lepel am 13. März 1849 wissen, daß er fünf Tage zuvor mit der Lewald an einem Ball teilgenom­men hatte:Am Donnerstag führte mich Fanny Lewald zu Ball; bei ihrem Schwager Gurlitt ,:l war Geburtstag.

Im Lauf der Jahre 1849 und 1850 hat Fontane dann die Lewald mehrmals aufgesucht. Von den prätentiösen Eigenheiten der Schriftstellerin ließ sich Fontane nicht abschrecken, wie seine Zeilen an Lepel vom 13. März 1849 zeigen:Am Sonnabend macht ich die pflichtschuldigen Visiten; war auch bei der Lewald. Ich wurde nicht vorgelassen. Fräulein schriebe Briefe, die schnell zur Post müßten. Im ersten Augenblick machte mich diese Offenheit stutzig; nachdem ich mich von meinem Schreck erholt hatte, fand ich es liebenswürdig. Man darf nun umso eher drauf rechnen will­kommen zu sein, wenn man geladen oder vorgelassen wird. Ein kleiner Schriftsteller-Tick verbirgt sich hinter diesem Manöver, doch das schadl nichts. 15 Am 22. Oktober 1849 konnte die Lewald Lepel mitteilen:Fontane war gestern bei mir. 16 Über denselben Besuch erfuhr Lepel von Fontane am 24. Oktober 1849:Nun aber von der Lewald. Ich war denn am Sonn­tag, nach dem Tunnel, bei ihr; sie war sehr liebenswürdig und sprach von Dir, wie immer, mit großer Teilnahme. 17 Oder Fontane erwähnt Lepel gegenüber am 15. Januar 1850, daß er am Abend vorgehabt habe, der Lewald seinendringend nötigen Antrittsbesuch zu machen 18 , nachdem er die Zeit um Weihnachten und Neujahr 1849 50 in Letschin verbracht hatte und am 11. Januar 1850 nach Berlin zurückgekehrt war.

Was Fontane und die Lewald miteinander verband und zu solchen Be­suchen den Anlaß gab, das waren nicht nur persönliche Sympathie und gemeinsame literarische Interessen, sondern auch die Bereitschaft der Lewald, Fontane beruflich weiterzuhelfen. Da am 30. September 1849 Fontanes Tätigkeit in dem Berliner Krankenhaus Bethanien ihr Ende gefunden hatte, war Fontane seit Oktober 1849 ohne Stellung. Ehe er es wagte, sich als freier Schriftsteller zu etablieren, machte er verschiedene Versuche, in einem anderen Beruf unterzukommen. Nach der Angabe von Fricke 10 hatte er Anfang Oktober 1349 Fanny Lewald gebeten, ihm bei der Erlangung einer Stelle in der Bibliothek des preußischen Kriegsministe­riums behilflich zu sein. Auch Lepel schaltete sich in diese Bemühungen ein; er schrieb an Fontane am 2.. Oktober 1849:Ich muß Dir sagen, daß ich auch Deinetwegen an die Lewald geschrieben und sie gebeten habe.