eignen Brust“ bemerkt Fontane in dem Brief: „siehe und höre Fanny Lewald“. 28 Es spricht also Fanny Lewald ,wenn dann im zweiten Teil des Gedichtes der „Philosoph und Privatdozent“ sagt:
Forschen wir nun in den nächsten Stunden,
Wo man das Göttliche heutzutag Suchen noch und finden mag.
Wo trotz Pfaffenlug und -list Eigentlich Gott zu finden ist?
Freunde, bekennen wir’s selbstbewußt.
Nirgends als in der eigenen Brust.
Wir sind Gott! Unser kleinster Gedanke Ist eine Welt ohne Ziel und Schranke;
Unser Denken ist’s, was die Welt Wie einen Ball in Händen hält!
Sonnensysteme — sie leuchten und schweifen Nur so lang, als wir sie begreifen,
Drum noch einmal: Gott ist Spott!
Glaubt an euch — der Mensch ist — Gott. 29
Solchen Überzeugungen, die eine Anthropologisierung der Religion beinhalteten und auf einen erkenntnistheoretischen Subjektivismus sowie jenen weltanschaulichen Naturalismus hinausliefen, den die Lewald in ihrem Brief an Lepel vom 6. Februar 1849 so klar formuliert hatte 30 , erteilte Fontane sowohl in dem genannten Schreiben an Lepel wie auch in dem Gedicht, nämlich durch die Art der Darstellung, eine klare Absage.
Wir wundem uns also nicht, wenn Fontane auch in der Folge seiner Abneigung gegen die Modernität Fanny Lewalds deutlich Ausdruck verlieh und sie schlankweg zu den „Blaustrümpfen“ zählte. Fontane berichtete Friedrich Eggers am 2. Juni 1852, er habe — während der zweiten Englandreise — anfangs mit seinen Empfehlungsschreiben nicht viel Glück gehabt, doch schließlich „gestaltete sich alles über Erwarten gut, so daß nur eine jüngere Schwester Fanny Lewalds die Auszeichnung genießt, meine Briefe und Gefälligkeiten [...] völlig ignoniert zu haben. Am Ende sind die .Schwestern' noch schlimmer als die Blaustrümpfe selbst“ 31 .
Wohl hauptsächlich wegen solcher Differenzen brachen in den Jahren 1851 bis 1853 die Beziehungen Fontanes zu der Lewald langsam ab. Verstimmung und Ablehnung weiterer Kontakte finden wir in Lepels Briefen an Fontane dokumentiert. Es versteht sich jedoch, daß die Beendigung des freundschaftlichen Verhältnisses zwischen Lepel und der Lewald auch eine Beeinträchtigung der guten Beziehungen zwischen Fontane und der Lewald nach sich zog. Lepel schrieb am 22. Februar 1851 an den Freund über die Lewald: „Ich würde sie doch recht gern besuchen, wenn sie mich nicht, vor ihrer letzten Reise, augenscheinlich sehr kalt und indifferent behandelt hätte. Du kannst aber zu ihr gehn, um mir zu erzählen, wie es ihr in Paris etc. gegangen ist.“ 32 Zweieinhalb Jahre später berichtete Lepel aus Heringsdorf (am 16. September 1853): „Unter den hiesigen Badegästen waren auch zwei alte Bekannte von mir, Stahr und die Lewald. Ihre Gegenwart hat
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