Heft 
(1980) 31
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der Lewand, ihren RomanPrinz Louis Ferdinand kannte, ist bezeugt. Er teilte Ende 1849 oder Anfang 1850 seiner Braut mit:Nach dem Tunnel, wie immer, Sitzung bei Schulz in der Taubenstraße. [...] Lepel und Eggers waren zugegen; wir plauderten lebhaft, unter andern von Fanny Lewald und ihrem .Louis Ferdinand' [...]. 37 Man weiß jedoch nicht, ob sich Fontnae auch mit den späteren Romanen und Erzählungen eingehend befaßt hat.

Damit sich der Leser selbst ein Urteil bilden kann, sei der Artikel hier im Wortlaut wiedergegeben:

Fanny Lewald-Stahr

ward 1811 zu Königsberg in Preußen im Schoße einer israelitischen Familie geboren. Ihr Vater, der Geldwechsler und Weinhändler war, hieß eigentlich Markus, bevor er, ohne sich seinerseits taufen zu lassen, seinen jüdischen Namen mit einem mehr christlichen, Lewald, vertauschte, den schon ein anderer Zweig seiner Verwandtschaft angenommen hatte. Dagegen beschloß der Alte den Übertritt beider Söhne zur evangelischen Kirche, und wenn er auch zunächst die Tochter noch nicht teilnehmen ließ an diesem Akte, um klugerweise zu erwarten, ob ein Jude oder Christ sie zum Weibe begehren würde, so gestattete er später doch ihre Konvertierung gleich­falls, fast, wie es scheint, als Entschädigung für den Verlust einer ersten innigen Liebe, deren Gegenstand ein junger lutherischer Geistlicher gewesen war. Das eigentümliche Verhältnis dieses Mannes zu ihr, dem damals noch jüdischen Mädchens beendet ein früher Tod; aber wir wollen weiteres hiervon verschweigen und auf der Verfasserin 1860 erschienene eigene ,Lebensgeschichte hingewiesen haben, worin man ebensowohl diese Jugendepisode ergreifend und anmutig geschildert wie ihren ganzen geistigen Bildungsgang und auch die näheren Umstände ihrer Bekehrung offen und anregend erzählt findet. In späterer Zeit erhielt Fanny Lewald noch reiche Gelegenheit, ihre glücklichen Naturanlagen durch gewählten Umgang nicht nur, sondern auch durch weite und gut geleitete Reisen aufs vorteilhafteste zu entwickeln. An der Seite eines Mannes, dessen Gattin sie endlich, nach Auflösung seiner erster Ehe, in den letzte Jahren geworden ist, in Gesellschaft Adolf Stahrs nämlich, hat Fanny Lewald auf den Hauptplätzen der Weltkultur, in London, Paris und Rom, die Gestaltungen des Lebens studiert und in mehreren Büchern geschildert, z. B. in einem Reisetagebuch aus. .England und Schottland und in einem .Italienischen Bilderbuch. Diese Skizzen zählen mit zu dem Besten, was unsere neueste Literatur in dieesr Gattung hervorgebracht, und übertreffen vieles, was unsere männlichen Federn darin geleistet haben.

Doch auch als Romanschriftstellerin hat sie sich verdientermaßen Beach­tung errungen. Seit 1842 erschienen von ihr .Clementine, ,Jenny und .Eine Lebensfrage* Erstlingswerke, an welchen in Hinsicht der Komposition usw. zwar mancherlei Aussetzungen zu machen sind, die aber sehr des Lobes wert sind, weil sie sich, dank der nüchternen Natur der Verfasserin, ziemlich frei erhielten von jenen Ausschweifungen und Überschwenglich­keiten ,die in den deutschen Frauenromanen gerade damals Mode waren. Jene Novellen standen z. B. mit der Gesundheit ihrer Richtung in erfreu-

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