Beschreibungen der drei Kriege, nämlich „Der Schleswig-Holsteinsche Krieg im Jahre 1864“ (1866), „Der deutsche Krieg von 1866“ (2 Bde. 1869/70) und „Der Krieg gegen Frankreich 1870—1871“ (2 Bde. 1873/76), zwangen Fontane zu umfangreichen und zeitraubenden Quellenforschungen. In einem Falle folgten die Kriege schneller aufeinander, als Fontane sie darstellen konnte. Als der zweite Band von „Der deutsche Krieg von 1860“ im Oktober 1870 erschien, war der deutsch-französische Krieg längst im Gange und Fontane als „Spion“ in französischer Haft.
Nicht zuletzt durch diese Kriegsbücher wurde Fontane davon abgehalten, seinen ersten Roman zu schreiben. So mußte er z. B. 1867 seine Arbeit an „Vor der Sturm“ unterbrechen und von dem Honorar, das er für das zweite Kriegsbuch erhielt, das Vorschußhonorar für den Roman „Vor dem Sturm' 1 , das ihm sein Verleger Wilhelm Hertz gewährt hatte, zurückzahlen (vgl. Fontanes Brief an den Verlag R. von Decker, 25. August 1866).
Fontane schlug die Aufträge, diese Kriegsbücher zu schreiben, offenbar deshalb nicht aus, weil sie seiner Neigung zur Historie entgegenkamen und weil damit eine relativ sicherere Einnahme verbunden war als mit dem Roman, so mäßig die Honorare auch waren und soviel der Verleger der Kriegsbücher, Rudolf von Decker, auch feilschen mochte. Er nahm die „Tag- und Nachtarbeit dreier Jahre“ auf sich, um den deutsch-österreichischen Krieg zu beschreiben (Fontane an Wilhelm Hertz, 24. März 1870), wandte viel Mühe und Sorgfalt auf, aber „Herzenssache“ ist ihm die Arbeit an den Kriegsbüchern, wie Hans-Heinrich Reuter zu Recht betont hat, nicht gewesen.
Dennoch war Fontanes Mühe nicht ganz verloren. Denn Fontane vermochte sich dabei als Schriftsteller weiterzuentwickeln und seinen eigenen Stil auszuprägen. Er konstatierte (mit Bezug auf „Der deutsche Krieg '), er habe in diesem Buch, wie in seinen „Wanderungen“, „eine Behandlungsart erfunden [...], die vorher einfach nicht da war“ (Fontane an Hermann Kletke, 29. August 1870). Und er hat bekanntlich später (am 17. August 1882) gegenüber seiner Frau geäußert, er sei eigentlich erst „beim 70er Kriegsbuche und dann bei dem Schreiben“ seines „Romans ein Schriftsteller geworden“. Damit ist der Stellenwert des zweiten und des dritten Kriegsbuches in Fontanes künstlerischer Entwicklung angedeutet.
Die von Fontane geschaffene neue „Behandlungsart' 1 ist — wie in den „Wanderungen“ — jedenfalls nicht die der Wissenschaft. Die Kriegsbücher wenden sich an einen breiten Leserkreis und wollen keinesfalls historische Werke mit wissenschaftlichem Anspruch sein. Das ist bei ihrer Bewertung, positiv und negativ, zu berücksichtigen.
Aber Fontanes Kriegsbücher zeichnen sich nicht nur durch ihre „Behandlungsart“ aus, sondern ferner dadurch, daß Fontane auch in ihnen seine humane Gesinnung nicht verleugnet. Sie zeigt sich in Fontanes „Leidenschaftslosigkeit in betreff des Feindes“ (zu der sich Fontane in einer Anmerkung zu „Aus den Tagen der Okkupation“ bekennt). Chauvinismus und Militarismus waren ihm fremd. Dadurch unterschied er sich von den meisten seiner schreibenden Zeitgenossen. Er sei, sagt Fontane in jener
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