(2) Dieser Hypothese geht Verf. vor allem in Vergleichen zu „Graf Petöfy“ und „Arabella“ (13 S.), den „Poggenpuhls“ und dem „Rosenkavalier“ (4 S.), „Unwiederbringlich“ und „Der Bestechliche“ (7 S.), schließlich am ausführlichsten in Vergleichen zu „Cecile'* und dem Andreasfragment nach (47 S.). Teilmotive wie die .kletternden Mädchen* oder .die Sturmnacht' werden, ohne Gesamtanalyse der betreffenden Werke, in „Effi Briest“, im Andreasfragment, im „Petöfy“ verfolgt. (2 S. bzw. 20 S.) Fontanes „Graf Petöfy“ (1884) und „Cecile“ (1887) stehen im Zentrum der Vergleiche. Wie geschieht das?
Zunächst werden Analogien im Handlungsablauf auf gespürt. (S. 56—63;
119—132) Verf. schlußfolgert bereits S. 64: „Das Zustandekommen so vieler z. T. enger Parallelen schließt, aufs Ganze gesehen, die Möglichkeit bloßen Zufalls aus.“ Hinzu tritt für „Petöfy“ und „Arabella“ ein anderes Verfahren: Die bei F. erwähnte und benutzte Gablenz-Affäre (Selbstmord des österr. Generals am 28. 1. 1874) wird auf die Biographie H.s bezogen. Die Folgen der diesen Selbstmord auslösenden Wirtschaftskatastrophe hätten auch die Eltern H.s getroffen. K. M. meint, „Es liegt auf der Hand, daß ein Roman, der so wundersam durch prägnante Züge mit seiner eigenen Biographie verbunden war, Hofmanntshal bald bekannt geworden sein muß, wohl schon in früher Jugend. Wenn er dem Buch nicht selbst begegnete, werden Freunde es ihm gebracht haben ... '* (65).
Überzeugender wirkt die feinsinnig nachgezeichnete Enstehungsgeschichle der „Arabella“. Der Umgang mit verwandten Motiven wird funktional betrachtet — freilich auch immer ganz schnell absolut gesetzt für die direkte Benutzung Fontanes durch Hofmannsthal (vgl. S. 81—85). Besonders anregend liest sich die bei beiden Dichtem erfaßte Lenau-Begeisterung. „Mit dem Verherrlichen des schwermütigen Lenau verbindet sich jeweils der Beginn des Liebeswerbens um Frauen. Die funktionale Entsprechung macht die Übereinstimmung bedeutsam... “ (87). — Über solche Beobachtungen gelangt K. M. zu tieferen Analogien — zu thematischen Entsprechungen, in die sich die Details ohne Überanstrengung einordnen. Eine literaturhistorische Dimension des Vergleichs tut sich auf.
Verf. gelangt zu dem Ergebnis, daß die „Problematik von Treue und Untreue“ (115) für beide Dichter an Gewicht gewann bzw. mit den zentralen Fragen ihres Schaffens verbunden war. (133) 2
Im Vergleich der Figuren Cecile und Maria/Mariquita (Andreas-Fragment) gelingen die thematischen Vergleiche am überzeugendsten. Indem der Arbeitsprozeß der Autoren in den Motiv-Vergleich einbezogen wird, treten Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Lebenshaltung wie Gestaltungsabsicht hervor. Diese Ergebnisse vergleichender Analyse sind auch deshalb besonders wertvoll, weil sie über die denkbare „Benutzung“ eines Autors durch einen anderen (Kontinuität im Kunstprozeß) Fragen nach den bei K. M. ausgesparten Bedingungen für die Fontanerezeption bei Hofmannsthal (Abstoßung und Bruch mit der Tradition) evocieren. Die veränderten Positionen bei H. begründet Verf. im Einzelkapitel mit der kritischen Verarbeitung S. Freuds durch H. (133). Das ist möglich, aber