Günther Pistor (Rostock)
Auf den Spuren von Holk und Ebba:
„ ... die Geschichte nach Schleswig-Holstein und Kopenhagen hin transponiert... “
Durch Hans-Friedrich Rosenfeld (1928) weiß man von dem Geschehen, dessen sich Fontane als Stoff für seinen Roman „Unwiederbringlich“ bedient hat. 1 Rosenfeld ging von dem Brief Fontanes an Julius Rodenberg vom 21. November 1888 aus.- Der Text lag ihm aber vermutlich nur in verstümmelter Form vor, gerade die Namen waren nur durch ihre Anfangsbuchstaben wiedergegeben. So folgte er durch einen fruchtbaren Irrtum einer Spur, die ihn von den „Grafen P. auf I.“ zu der Familie v. Maltzahn führte/ 1 In jenem Brief wird nämlich Fontanes Informandin für diesen Romanstoff genannt. Es ist die Geheimrätin Brunnemann, geb. v. M., die als Cousine des Hauses bezeichnet wird, das von dieser Ehetragödie betroffen wurde/ 1 ® Rosenfeld deutete nun „v. M.“ als von Maltzahn. während die unabgekürzte Veröffentlichung jenes Briefes aber deutlich macht, daß v. M. als „von Meyerinck“ zu lesen ist.
Immerhin ist er aber dadurch auf den Zusammenhang der Grafen Plessen- Ivenack' 1 mit der Familie Maltzahn gestoßen und so auf das Schicksal des Carl Hans Friedrich v. Maltzahn aufmerksam geworden, 5 das offensichtlich der Romanhandlung zugrunde liegt. Die Verwechslung der Grafen Plessen mit den Maltzahns — ob sie nun durch Frau v. Brunnemann oder durch den Dichter selbst verschuldet war, versehentlich oder absichtlich (Peter Goldammer), sei dahingestellt 11 , beruht nur auf einer Ungenauigkeit und lag um so näher, als Carl v. M. tatsächlich Sohn eines Grafen Plessen-Ivenack war, 7 dem der Grafen-Titel als viertem Sohn aber nicht zustand. Er ist aber in Ivenack geboren, wenn auch nicht am 19. Dezember (wie Rosenberg und ihm folgend Goldammer angeben), sondern am 17. Dezember 1797* — wenn man denn einmal Fontanes Äußerung an Georg Friedlaender widersprechen will, daß ..Taufregister... sprichwörtlich falsch seien“ (Brief vom 7. 11. 93). Er bekommt ohnehin sofort wieder recht: Bei Carls Frau Caroline, geb. v. Bilfinger, geht es wieder wie von ihm behauptet durcheinander. Außer dem Geburtsjahr 1799 (Rosenfeld, Goldammer) stehen auch die beiden vorangehenden Jahre zur Wahl/’ Der Adel der Bilfingers war übrigens im Gegensatz zu dem der Maltzahns noch taufrisch, erst Carolines Vater Wendel Bilfinger war sechs Jahre vor ihrer Geburt in den Adelsstand erhoben worden und zu der Zeit Besitzer des Gutes Pustamin im Kreis Schlawe in Pommern. 1 "
Auch wenn Caroline „etwas fromm“ 11 gewesen ist, so war sie doch jedenfalls außerdem „sehr praktisch“ 12 veranlagt und überwachte jahrelang die Bewirtschaftung des Besitzes nach den Angaben ihres Mannes, der viel auf Reisen war. Er war ein hervorragender Landwirt und verbesserte die Viehzucht durch Anschaffung holländischer Rinder und Merinoschafe 13 — man denkt an Holks Ideen für neue Ställe, bei dem Ehepaar des Romans eine Quelle wiederholter Konflikte.
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