Heft 
(1982) 33
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Mehrfach hat Fontane seinen Gestalten ähnliche Äußerungen in den Mund gelegt.

Graf Holk inUnwiederbringlich äußert sich seinem Sohn gegenüber: Du wirst doch noch ein richtiger Holkscher Jäger, und offen gestanden, das wäre mir das Liebste. Das Lernen ist für andere.'* 5 Botho von Rien- äcker sagt von sich in bitterer Selbsterkenntnis:Ich kann ein Pferd Stall­meistern, einen Kapaun tranchieren und ein Jeu machen. Das ist alles.'* 0 Ähnliches lesen wir übrigens auch in Paul HeysesRoman der Stiftsdame. Der Freiherr bespricht mit dem Hauslehrer den Lehrplan, nach dem sein Sohn unterrichtet werden soll: Biblische Geschichte, Katechismus, vater­ländische Historie, ein wenig Geographie!'* 7 Damit hat es dann sein Bewenden.

Fontane selbst zieht in einem Brief an seine Tochter die Bilanz aus seiner jahrzehntelangen Bekanntschaft mit adligen Familien:Wie sähe es aus, wenn die Pflege der .heiligsten Güter* auf den Adel deutscher Nation angewiesen wäre. Fuchsjagd, getünchte Kirche, Sonntagsnachmittagspredigt und jeu.. <8 (Ad marginem: Hier zu generalisieren wäre fehl am Platze, denn der adlige Gardeoffizier Bernhard von Lepel, Fontanes langjähriger Freund, hatte sich als Dichter wenigstens zu seiner Zeit einen Namen gemacht, und auch bei den übrigen Tunnelgenossen fand sich unter der .blutjungen Ware* manch literaturbeflissener Offizier.)

Zusammenfassend: Der größte Teil der Lehrer tat unverdrossen seine Pflicht. Stieß der Lehrer aber in Gebiete vor, die nicht zu seinem Tagewerk gehörten, so begab er sich auf den schmalen Grad zwischen Ablehnung und spöttischem Zweifel an der Berechtigung seines Tuns. Man stufte ihn dann alsOriginal ein, eine Bezeichnung, bei der sich trotz gelegentlicher Anerkennung Ridiküles nicht immer ausschließen ließ, wie wir es bei Krippenstapel gesehen haben und bei Lehrer Zowe vermuten.

Unter diesen Aspekten hätte dem Schulmeister eigentlich denetablierten Mächten gegenüber nur Resignation angestanden. Was man von diesem Stand, mit dem es seit 1866 nach der Überzeugung des Herrn von Rex nicht mehr auszuhalten war, erwartete, das spricht Fontane im Kapitel Schloß Cöpenick aus. Dort befand sich zu seiner Zeit ein Lehrerseminar, dessen Zöglinge gehalten waren,in Demuth und Bescheidenheit zu lernen.'*"

Demuth! Es konnte nicht treffender ausgedrückt werden!

Anmerkungen

1 Effl Briest - Deutsche Buchgemeinsch., Berlin o. J Kap. 5, S. 59.

2 Fünf Schlösser, 3. Aufl. Cottasche Buchh. 1910. Vorwort S. IV.

3 Fontane-Blätter, Heft 2/74, S. 70.

4 Briefe an G. Friedlaender, Quelle und Meyer/Heldelberg 1954, Brief vom 3. 11. 88.

5 Briefe an die Freunde/Grotesche Verlagsbuchh., Berlin 1943, Brief vom 14. 8. 93. 5a Vgl. Arlt, Kl.: Heinrich Wagener, der Potsdamer Berater Theodor Fontanes, in:

Fontane-Blätter, H. 31/1980, S. 636-640.

6 Das Oderland, W. Hertz/Berlin 1899, S. 32.

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