Heft 
(1982) 34
Seite
120
Einzelbild herunterladen

friderizianischer Ansprüche ging an ihm vorüber: [,,] Wenn Er glaubt nicht repräsentieren zu können, vergeß Er nicht daß 200,000 Mann hinter Ihm stehn. Ja, die Armee drauf war Preußen aufgebaut. Die Welt ruht nicht fester auf den Schultern des Atlas als Preußen auf seiner Armee.Wenn ich Soldaten sehen will, seh ich das Regiment Forcade.

Regiment Forcade war kein Landwehr-Regiment. Ein Landwehr-Regiment hatte vor Paris keine Hosen mehr gehabt. Zu solchem Regiment hätte der Alte Fritz nur gesagtwenn ich Soldaten sehen will...

Und dann hieß es doch auch wiederNicht Roß, nicht Reisige und Monte- cuculi sagte Geld, Geld, Geld. Ja die Verdoppelung! Hatte doch der erste Napoleon gesagt:Gott steht meistens auf der Seite, wo die meisten Bataillone stehn. [] Landwehrbataillone waren auch Bataillone. Aber wenn die Menge entscheiden mochte, noch mehr die Qualität. Friedrich der Große sagte daß er nach der Schlacht bei Prag keine richtige Armee nicht mehr gehabt habe: Die Besten lagen vor Prag ... Ach, die Konfliktszeit war eine konfliktreiche Zeit für Schulze. Ein Glück daß sein Dezernat nichts damit zu tun hatte, dieser Schmerz blieb ihm erspart und sein Gewissen rein. Dann kamen die drei Kriege. Der preußische Schulmeister hatte gesiegt. Nun ja. Aber der preußische Schulmeister war doch nichts andres als die preußische Idee. Dann kam der 70er Krieg und der neue Pariser Einzugs­marsch. All-Deutschland hatte gesiegt. Aber was war die leitende Idee gewesen. Als Bismarck beim Einzug den Kranz nicht nehmen wollte, weil nicht er, sondern Moltke (der neben ihm ritt und auf den er wies) den Krieg gewonnen habe, sagte das kleine Mädchen die den Kranz hielt: Aber Sie haben doch angefangen. Das kleine Mädchen, wenn Preußen was es übrigens nicht leicht tut auf Deutschland hingewiesen und gesagt hättehier her! Deutschland hat gesiegt so hätte das kleine Mädchen gesagtaber du (Preußen) hast doch angefangen. Allerdings, allerdings. Das war die preußische Idee. Diese Idee begann, sie führte, litt, siegte.

Dies schienen Schulzens glänzendste Jahre, der friderizianisehe Grenadier und der Lützowsche Jäger war zu einem höheren Ganzen vereinigt. Staats- Idee, freiheitliche Idee alles kam gleichmäßig zum Ausdruck. Aber diese Jahre von 64 bis 71 waren trotzdem nicht die glänzendsten im Leben unsres Schulze, die glänzendsten kamen erst. Diese Zeit führte das Jahr 73 herauf, der Kulturkampf. Da man wohl wußte was man an Schulze hatte, so wurde er in das Kultusministerium berufen. Und nun kam nicht bloß seine glück­liche, sondern auch seine große Zeit. Als er von 1849 bis 59 bloß Staatsretter gewesen war, waren ihm in einsamen Stunden doch Zweifel gekommen und selbst als die Siege sich so rasch und so glänzend folgten erfüllte ihn die Sorge daß als letzter Sieger doch mehr die Grenadiermütze als der Lützowsche Jäger aus der Sache hervor gehen könne. Jetzt aber war der Genuß ganz rein und ungetrübt und als die Säule auf dem Berge bei Harz­burg errichtet wurde mit der Inschrift Nach Canossa gehen wir nicht und nicht bloß die Jesuiten sondern auch andre Orden ausgewiesen wurden sprach er es aus, daß das Tage seien, wie sie Preußen seit 1813 in gleichem Glanze nicht wieder gesehen habe. Die ghibellinische, die protestantische, die preußische Idee, diese Dreiheit die doch wieder nur eine Einheit, hatte

120