Als er begraben wurde sagte auf dem Heimwege ein Geheimrat zum andern: [„] wir haben den Träger einer Idee in ihm verloren.“ 0 Vielleicht betont auch Stägemann diesen Satz von der ghibellinischen Idee schon, als er hört, daß sein Mündel sich Dante zugewandt habe, vielleicht aber kommt auch Schulze erst drauf, als es sich unter Falk also etwa 1873 um den Kulturkampf handelt. Dies Wort entzückt ihn, eine Zeitlang unterhielt er den Glauben, das Wort rühre von ihm her, doch war es nicht nachweisbar. 9 10
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Schulze geb. 1813. 1830 stirbt sein Vater in Vierraden; er war schon vorher — durch Stägemanns Einfluß — auf das Schindlersche Waisenhaus gekommen. Jetzt wird Stägemann Vormund und nimmt es ernsthaft damit er wurde fast ein Pflegesohn des Hauses und Stägemann übernahm nun seine Leitung, zog ihn auch ins Haus oder doch vielleicht besser er schickt ihn nach Schulpforta. Schulze hatte die Pflicht alle Monate einen Bericht einzusenden und alle Vierteljahr antwortete Stägemann indem er meistens eine Schul- oder Erziehungsfrage herausgriff. Als er in der Prima war, mehrte sich die Korrespondenz. Einer dieser Briefe, der sich in dem Schulzeschen Nachlasse fand, hatte besonderen Eindruck gemacht besonders durch Stel-» len, die Schulze selbst mit feinen Bleistiftslinien unterstrichen oder bezeichnet hatte. In einem dieser Briefe heißt es „ ... Es ist mir hoch erfreulich aus Deinem letzten Briefe zu sehn, daß Kant gelegentlich mit in die Betrachtung gezogen wird. Dies kann nie genug geschehn und nicht früh genug. In dem kategorischen Imperativ steckt alles Heil er ist gleichbedeutend mit Pflichtgefühl, Befreiung von allem Selbstischen, Feigen, Schwächlichen. Indem er uns lehrt, daß wir nicht da sind um glücklich zu sein sondern um unsre Schuldigkeit zu tun, erhebt er uns zum Bewußtsein/ Pflichtbewußtsein, dem Besten was der Mensch hat. Und wenn es uns mit Stolz erfüllen darf, daß es ein preußischer Mann war, der diese Sätze ausgesprochen hat so ist es ein weiterer Stolz und ein hohes Glück, daß unsre brandenburgisch-preußische Geschichte die Belege dazu liefert. Ich betone dies nachdrücklichst und knüpfe daran ein leises Bedauern, daß ich aus Deinen Mitteilungen ersehe, wie dies vernachlässigt wird. Ich werde mich mit der Gymnasial Oberleitung, der ich glücklicherweise befreundet bin, darüber in Verbindung setzen. Ihr steckt zu sehr im Römischen und Griechischen, nehmt daher die Ideale, diese Gestalten behalten aber immer etwas Fremdes sind nicht Fleisch von unsrem Fleisch nicht Geist von unsrem Geist. Epaminondas. Welch Heldentod. Aber wir haben Beispiele um uns her in unsrem engsten Heimatlande, die mächtiger wirken, schon dadurch daß sie räumlich und zeitlich uns näher stehn, vielleicht auch darin, daß eine Form von Tugend darin zum Ausdruck kommt, die mehr christlich ist. Als Kurfürst Friedrich Eisenzahn Angermünde eroberte,
9 Im Manuskript mit Bleistift angefügt: sagte der eine. [Darauf folgt in Tinte, mit Bleistift wieder gestrichen:] „Einen guten Kerl“ sagte der andere. „Und Idee? [Das Folgende vermutlich versehentlich nicht mehr gestrichen:] Nun ja, wenn Sie wollen. Aber ohne geht es noch besser.
10 Von „kommt auch Schulze“ an Längsstrich am Rand und Bleistiftvermerk: Dies kommt alles viel später als Falk regiert.
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