Heft 
(1982) 34
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die von Edith Philippi über die Notlage Paula Schlenther-Conrads infor­miert und um Unterstützung gebeten worden war, konnte die Aufnahme der inzwischen pflegebedürftigen Paula Schlenther-Conrad in das Sankt- Josephs-Stift in Berlin-Friedenau (September 1936) veranlaßt werden, wo sie am 9. August 1938 starb. Paula Schlenther-Conrad hatte Edith Philippi in ihrem Testament vom 29. August 1936 als Erbin ihrerliterarischen und bühnenkünstlerischen Werte und der Briefwechsel eingesetzt. Erben ihrer sonstigen Hinterlassenschaft waren die Kinder ihres Schwagers Johann Carl Emst Schlenther, Apotheker in Insterburg, der 1908 gestorben war: Johanna Charlotte Plümicke, geb. Schlenther (Memel), Johann Bernhard Schlenther (Insterburg) und Johann Erich Schlenther (Markgrafenheide bei Rostock).

Edith Philippi übersiedelte 1942 nach Weimar und richtete dort nach 1945 eine Werkstatt für Binsenweberei ein. Wie umfangreich der Nachlaß war, den sie 1938 übernahm und ob durch Kriegseinwirkungen Teile verloren­gingen, läßt sich heute nicht mehr feststellen. Aus Listen, die sie anfer­tigte, geht hervor, daß sie nach 1945 einzelne Briefe von Otto Bierbaum, Richard Dehmel, Otto Ernst, Theodor Fontane, Ludwig Fulda, Ludwig Ganghofer, Carl und Gerhart Hauptmann, Paul Meyerheim, Walter von Molo, Christian Morgenstern, Karl Schönherr, Julius Stettenheim, Hermann Sudermann, Fritz von Unruh, Ernst Wiehert und Ernst von Wolzogen besaß. Aus finanzieller Not hat sie Anfang der fünfziger Jahre Briefe Hauptmanns, Fontanes und anderer verkauft. Briefe und Zahlungsbelege vom Jahre 1950 zeigen, wie wenig damals noch Fontane-Briefe wert waren: zwei Handschriftengingen leider unverkauft zurück, ein anderer Brief erzielte ganze 10 Mark!

1963 und 1966 hat Edith Philippi den Hauptmann-Gedenkstätten in Kloster und Radebeul Briefe und Dokumente übergeben und 1972 dem Goethe- und Schiller-Archiv der NFG in Weimar zwei Briefe Fontanes an Paula Schlenther-Conrad (28. Juni 1893 und 11. Februar 1895), einen Brief Fon­tanes an Paul Schlenther (28. April 1894), eine undatierte (Visiten-)Karte Fontanes an Paul Schlenther, einen Brief Wildenbruchs an Paul Schlenther (28. September 1898) und ca. 80 Briefe bzw. Briefkopien von Friedrich Fontane an Paul Schlenther, Paul Schlenther an Friedrich Fontane, Briefe verschiedener Briefschreiber an Paul Schlenther (u. a. Paul Meyer, Heyse, Mete Fontane) verkauft. Von diesen Schriftstücken erhielt das Theodor- Fontane-Archiv in Potsdam 1979 Fotokopien; die pauschale Notiz darüber in den Fontane-Blättern (Band 4, Heft 6, 1979, S. 536) fand allerdings kaum Beachtung. Über die nun, nach dem Tode Edith Philippis, aufgefundenen Reste des Schlentherschen Nachlasses informiert die Bibliographie im gleichen Heft (vgl. S. 234 t).

Bedenkt man, daß das Interesse an Fontane und seinen Lebensumständen in der internationalen Forschung und bei den Lesern unvermindert anhält, dann ist der Fund dieses Dokumentenkomplexes zweifellos sensationell zu nennen.

Die Verfasser des vorliegenden Beitrags bereiten mit Unterstützung des Goethe- und Schiller-Archivs und des Theodor-Fontane-Archivs die Publi-

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