nicht zur Ausführung gelangten Erzählvorhaben Fontanes bereitwillig entgegengebracht wurde. Schließlich beziehen Titel und Text ostentativ zwei grundlegende Größen seines historisch-politischen Denkens aufeinander. Zumindest für seih Land Preußen, den Staat der Hohenzollern. dem er
— anders als den preußischen Junkern — in Liebe und Erbitterung, Tadel und Bewunderung, in Hoffnung und Sorge bis zuletzt unverbrüchlich verbunden blieb, konnte diese Bedeutung als ausgemacht gelten. Und für die Bedeutung, die er der Idee im Leben der Völker zuerkannte, mangelte es jedenfalls nicht an Zeugnissen.
„Es ist das Eintreten einer großen Idee, eines großen Moments in an und für sich sehr einfachem Lebenskreise“ 5 , sagte Fontane von der Volkserhebung des Jahres 1813, die er zum Gegenstand seines ersten Romans machte. Nur von der „selbstsuchtlosen Hingabe an eine große Idee“ 5 dürfe sich das niedergeworfene Frankreich von 1871 eine Wiedergeburt versprechen, während Bismarcks Erfolge in erster Linie darauf beruhten, „daß er seine stupende Kraft in den Dienst der in der deutschen Volksseele lebendigen Idee stellte.“ 7 Die Ideen der Französischen Revolution hatten die Welt umgestaltet 8 , und weil die Arbeiter auch Ideen vertraten, war ihnen nicht mit der Waffe in der Hand beizukommen. 9 Die Zuversicht, „daß in der Weltgeschichte noch immer der Macht der Idee die rohe Gewalt unterliegen mußte“ 10 , hatte er sich aus der Revolution von 1848 bewahrt, sie zählte zu den Voraussetzunoen seines letztendlich ungebrochenen grundsätzlichen Geschichtsoptimismus. Begreiflich, daß ihm der Verlust einer leitenden Idee und des Idealen, das für ihn eng damit verknüpft war, Anlaß zu tiefer Besorgnis gab.
Die Frage nach der preußischen Idee stand unausgesprochen im Hintergrund, als Fontane — zeitlich in der Nähe seines Entwurfs — nach den Tagen fragte, „da Preußen so was wie eine Mission hatte.“ 11 Das hieß für ihn den höchsten geschichtlichen Maßstab anlegen und sein Land statt an der Größe der Erfolge und der entfalteten Macht an der Berechtigung des vertretenen Prinzips messen, von dem seiner Überzeugung nach Bestand und Gedeihen letzten Endes abhingen. Dessen ungeachtet ging noch Reuter an der „Preußischen Idee“ vorbei; den 5. von Keitel 1966 vorgelegten Band der Hanser-Ausgabe, dem unser Abdruck folgt, und den Beitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der auf diesen Text aufmerksam machte, konnte er nur bibliographisch berücksichtigen. 12 Zu knappen Stellungnahmen kam es im folgenden Jahr unabhängig voneinander bei Nürnberger und mir. Inzwischen ist — in dem Fontane-Buch Schobers von 1980
— der Entwurf bereits als ein Schlüsseltext für Fontanes politisches Ethos behandelt worden.
Damit stehen sich jetzt auch zwei Lesarten gegenüber. Die eine versteht den Text als mehr oder weniger grundsätzliche Negation der preußentüm- lichen Phrase, wenn nicht der Phrasenhaftigkeit des Preußentums. 13 Die andere akzentuiert nicht den fabelbildenden Lebenslauf des fragwürdigen Helden Schulze, der den ersten Teil des Entwurfs ausmacht, sondern die brieflich eingeblendeten Äußerungen von dessen Vormund und Präzeptor Stägemann, die den zweiten Teil beherrschen. Von Stägemann heißt es