bei Schober, daß er „klarere und beständigere Erkenntnisse über die preußische Idee' hat“, so daß sich eine Auslegung des Entwurfs als „Kritik an Preußen überhaupt“ verbiete. 14
Ersichtlich muß zunächst nach der Kohärenz des Textes gefragt werden, bevor sich sein Geltungsrahmen in Fontanes Positionsbildung ermitteln läßt. Ohne das kann der „Preußischen Idee“ auch schwerlich ein Zeugniswert in den Auseinandersetzungen um das Preußentum und mit dem Preußentum beigemessen werden, die Anschaulichkeit angenommen haben, seit in Westberlin die Ausstellung „Preußen. Versuch einer Bilanz“ veranstaltet wurde und in der Hauptstadt der DDR das Rauchsche Friedrichsdenkmal wieder auf seinen angestammten Platz zurückgekehrt ist. Genetisch bietet das Verhältnis der beiden deutlich unterschiedenen Teile, aus denen Fontanes Niederschrift besteht, wenig Schwierigkeiten. Der erste geht auch in der Abfassung voran. Er trägt besonders nach dem abrupten Anfang mit der Jahreszahl 1841 und der ideologischen Lagebeflndlichkeit des jungen Helden deutliche Zeichen einer raschen Niederschrift und des Einfallshaften, das noch der Selbstverständigung bedarf. Dann kommt die Darstellung in Fluß und wird — mit unterschiedlichem Detaillierungsgrad und nicht völlig widerspruchsfrei — bis zum natürlichen Endpunkt, zur Beisetzung des im hohen Alter verschiedenen Geheimrats geführt. (Die anschließende Erwägung über die Plazierung des Satzes von der ghibelli- nischen Idee liegt bereits außerhalb des durcherzählten Lebenslaufs.) Der zweite Teil ergänzt zunächst und vervollständigt den Lebenslauf Schulzes vom natürlichen Beginn, seiner Geburt ausgehend, und überlappt dann den ersten Teil in dessen Anfangsabschnitt. Dieser zweite Teil gehört nach dem Grad der Durcharbeitung, der Detaillierung, Folgerichtigkeit und stilistischen Ausgeglichenheit bereits einem nächsten Arbeitsgang an. Im Unterschied zum ersten ist der zweite Teil unvollständig erhalten — die Blattfolge bricht im Satz ab —; insofern und, was nicht belanglos ist, nur insofern hat der Entwurf Fragmentcharakter.
Denn Leben und Wandel — das Wort Wandel betont in dieser hergebrachten Dopelformel, die damals schon etwas altmodisch und ironisch klingt, die moralische, öffentliche, berufliche Seite — Leben und Wandel des Adolph Schulze liegen auf diese Weise lückenlos vor uns. Fontane konzipiert eine quasi-biographische Erzählung, die gänzlich von der Entwicklung ihres Helden getragen wird, ja geradezu darin aufgeht, und er verzichtet auf jede Liebes- oder Ehebeziehung, die er sonst als sujetbildendes und handlungsorganisierendes Element benutzt. Beides erlaubt schon, von einer Ausnahmestellung des Entwurfs in seinem Schaffen zu sprechen. Statt- dessen bindet er Schulzens ganzen Lebensgang eng, direkt und demonstrativ an den Verlauf der preußischen Geschichte. Auch das kommt sonst bei ihm nicht vor. Es wird unterstrichen durch den Zusatz, den das Konvolut mit den Manuskriptblättern außer Titel und Unterschrift noch trägt: „Enthält den Gang der Geschichte von Anno 49 an.“ (S. 119, A. 1)
Die Bemerkung ist mißverständlich. In der Parallelführung von Held und Historie regiert die Geschichte den Ablauf, ohne jedoch in eigener Gestalt aufzutreten. Und wenn Schulze kaum mehr gestattet wird, als aufs Histo-
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