Heft 
(1982) 34
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lismus und preußische Idee zu verbinden. Als Drittes tritt hinzu die ghibellinische Idee,, aufgefaßt alsBetonung des Antipäpstlichen oder das Kaisertum über das Papsttum (S. 121). In dieser historisdien Rück­orientierung wird sogleich eine Vorliebe für Dante Alighieri geltend gemacht. Derart ausgerüstet gelang erglatt bis ins Jahr 1849, ohne daß von der Revolution mehr erwähnt wird als die Auflösung des Frankfurter Parlaments.

Aus diesen Voraussetzungen entwickelt sich eine Typensatire auf den preußischen Geheimrat, den Inbegriff der Ministerialbürokratie, über den man 1894, als der Entwurf entsteht, bei Fontane liest:Der preuß. Geheim­rat kennt nur den Schnack, der gerade kursiert eigenes Urteil hat von den 20en höchstens einer. Es wird nicht eher besser, als bis mit dem ganzen Examensunsinn und dem staatlich aufgeklebten Zettel aufgeräumt ist. 18 Fontanes Helden heißen sonst nicht Schulze; wo er in seinen Briefen das Wort von den Müllers und Schulzes abwandelt, läßt es wenig Sympathie erkennen und bezeichnet bestenfalls etwas ganz und gar Durchschnittliches, das übrigens nicht an den Stand gebunden ist. 19 Der Name stellt sich wie von ungefähr ein, als Schulze vor dem Höhepunkt seiner Laufbahn steht, vor seiner eigentlich großen Zeit.

Ohne daß Fontane seinen Helden in dienstliche Handlungen zweifelhaften Charakters verwickelt, versetzt er ihn in diejenigen Ämter, denen es obliegt, innerhalb und außerhalb der Legalität jeweils die vermeintliche Staatsräson gegen die innerpolitischen Gegner durchzusetzen. Unter Hinckeldey (dem berüchtigten Berliner Polizeipräsidenten der nach- und konterrevolutionären Ära Manteuffel) ist er Polizei-Regierungsrat und ver­dient sich die Sporen. Das liberalisierende Zwischenspiel derNeuen Ära findet ihn als Geheimrat im Innenministerium. Auf diesem Posten harrt er allerdings auch während des Heeres- und Verfassungskonflikts aus, der die schärfsten Auseinandersetzungen mit der liberalen Opposition bringt. Ganz einverstanden mit den drei Kriegen, durch die Bismarck die Reichs­einigung unter preußischer Ägide bewerkstelligt, wird Schulze 1873 ins Kultusministerium versetzt, um dort den Kulturkampf gegen das Papsttum Pius IX. und den deutschen Katholizismus führen zu helfen.

Nun erst erlebt er seine große Zeit. Während aller Staatsaktionen und politischen Wendungen seiner Amtsdauer hatten Zweifel an ihm genagt ob des Schicksals, das dem freiheitlichen Element seines Programms be- schieden sein möchte. Im Kulturkampf ist er endlich ganz mit sich, seinem Staatswesen und mit Stägemann einig, der hier erstmals in Erscheinung tritt:Die ghibellinische, die protestantische, die preußische Idee, diese Dreiheit, die doch wieder nur eine Einheit, hatte sich zu vollem Siege durchgearbeitet, alles war ihm Stägemann von 40 Jahren gesagt in die Seele gepflanzt hatte, das erfüllte sich: er hatte dazu mitgewirkt, er hatte nicht umsonst gelebt. (S. 120 f.)

Als dieser Traum ausgeträumt ist, Bismarck den Kultusminister Falck, der Exponent des Kulturkampfes war, opfert, begehrt Schulze zum ersten Male auf und ringt mit dem Entschluß, aus seiner alten Überzeugung die Kon­sequenz zu ziehen und den Abschied zu nehmen. Indes beruhigt er sich am

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