in der gleichzeitigen Abwehr des hannoverschen, „welfischen“ Partikularismus — das Königreich war seit 1866 von Preußen annektiert — die alten Schlagwörter und Vorstellungen zur Kennzeichnung der „Reichsfeinde“ wieder auflebten.
„Der Kulturkampf fand in der ghibellinischen Kaiseridee seinen Ausdruck“ 2 ’ 1 , die sich gegen den sogenannten Ultramontanismus richtete. Mit dieser Idee verband sich aber zugleich die Legitimierung des preußischdeutschen Kaisertums aus dem Kaisertum der Hohenstaufen, des zweiten Kaiserreichs aus dem ersten. Der Kaiser, so wurde schon 1869 notiert, „heißt nicht mehr Friedrich, sondern Wilhelm, nicht mehr Hohenstaufen, sondern Hohenzollern trägt keinen rothen, sondern einen grauen Bart, ist nicht in Rom, sondern zu Königsberg gekrönt, fürchtet nicht mehr den Papst und die Welfen hat er gezähmt. Neun und sechzig Jahre alt stieg Rothbart in den Kyffhäuser und neun und sechzig Jahre alt, aber adlerfrisch verjüngt, erschien er am 3. Juli 1866, als König Wilhelm, bei Königgrätz wieder.“
Als „Kaiser Blanchebart“ 27 hatte auch Fontane den verehrten Monarchen beim Einzug der aus Frankreich zurückgekehrten Truppen in Berlin gefeiert, und „Zum Kölner Domfest (15. Oktober 1880)“ bekräftigte er: „Eins wurde Hohenstauf und Hohenzoller, / Und dieser Dom ist dessen uns Symbol.“ 28 Indes sind seine Beiträge zur Stiftungslegende geringfügig. Ob seinem Plan zu einem Barbarossa-Epos, der für die Revolutionszeit bezeugt ist, in deren Vorgeschichte ein Platz zugedacht war, muß bei der Unbestimmtheit der Überlieferung offen bleiben. Möglich, daß die Bemerkung von 1852 auf einen solchen Ursprung zurückverweist: „Als ich noch jünger war, da kniet’ ich bewundernd zu den Füßen der Tat, da galt mir das Schwert und der Arm, der es führte, da hing mein Auge an der Kaisergestalt Barbarossas, und mein Herz jubelte auf, wenn ich ihn einziehen sah in die Tore Mailands, den Weifentrotz unterm Hufschlag seines Pferdes.“ 29 Immerhin erörtert Fontane 1848 den Gedanken, daß „die Burggrafen von Nürnberg — die Hohenstaufen unsres Jahrhunderts werden“ 30 könnten, unter dem Gesichtspunkt eines Zu spät; die Zeit, von den Fürsten nicht genutzt, ist über sie hinweggegangen, der Versuch kann nicht mehr gemacht werden: „Jeder folgende Tag würde trotzige Lombarden bringen, ein stolzes Mailand und einen welfischen Löwen — und wo wäre der Barbarossa, die Freiheit und ihren Übermut zu zügeln! Ein Märchen aus tausendundeiner Nacht 1 , so wär’ es...“ 31 Dazu paßt, daß Fontane den Plan für sein Epos wegen der Parallele fallen läßt, in die Barbarossas Vorgehen zur konterrevolutionären Unterdrückung Oberitaliens durch Österreich 1848 geraten ist. Auf diese Zusammenhänge wird im Entwurf zur „Preußischen Idee“ nur mit dem anfänglichen Stichwort „das Kaisertum über das Papsttum“ hingedeutet; allenfalls klingen sie noch in der Anspielung auf den Gang nach Canossa an. Aber die „Betonung des Antipäpstlichen“ überwiegt und äußert sich nicht nur in den übrigen Bemerkungen zum Kulturkampf, zur Ausweisung der katholischen Orden aus dem Reich, sondern sie kehrt noch in Schulzes Sterbestunde wieder. Sein „Sempre avanti Savoia“ (S. 119—122) ist vermutlich als Bezugnahme auf den Kampf um
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