und hegt und trägt es, nicht mit Schein und Dünkel, sondern still und unbefangen, wie alles ächte Hegen und Tragen; er ist ein wahrer Patriot, ohne es je zu sagen; ferner ist er muthvoll und kühn, frei und fröhlich, fein und klug, lauter Eigenschaften, die dem Preussen vorzüglich angehören. Seine herrlichen Kriegsgesänge athmen durch und durch diesen Geist. Auch die Dichtkunst durfte in diesem Vereine nicht fehlen!“ 41
Daß ein solcher Mann geeignet war, als Gewährsmann preußischer Gesinnung aufzutreten, um die es jetzt geht, liegt auf der Hand. Stägemanns Umgang mit den Berliner Romantikern wirft — gleich der verborgenen Rückbeziehung zu Adam Müller - auch Licht auf die Kennzeichnung seines Zöglings als „Alt-Romantiker“ (S. 119) (die Fontane im Titel des Entwurfs indes zu Recht mit einem Fragezeichen versieht). Auf Stägemanns regelmäßigen „Abenden“ — auch ein Berliner Salon — waren außer den Vamhagens und einer Vielzahl anderer bedeutender Persönlichkeiten Achim von Arnim, Clemens Brentano und Heinrich von Kleist anzutreffen; als er 1835 zu seinem fünfzigjährigen Dienstjubiläum in großem Stile gefeiert wurde, trugen Chamisso und Eichendorff Gedichte bei. Nur mangelt leider auch Stägemanns Gestalt die Eindeutigkeit, die es gestatten könnte, Worte, die ihm Fontane aus der Feder fließen läßt, einfach für bare Münze zu nehmen. Schon als 1819 die Karlsbader Beschlüsse ergingen, paßte er ihnen seine Gesinnung an. Als er 1831 mit vier Gedichten gegen den polnischen Befreiungskampf an die Öffentlichkeit trat, mußte er sich eine vernichtende Replik Platens gefallen lassen. „Er ist schließlich allen politisch freiheitlichen Bestrebungen abgestorben“, 42 wußte der beste Kenner zu berichten, der auch vermerkte, daß Stägemann allmählich zum Absolutisten wurde, wenn er auch „innerlich frei“ 43 blieb, antifeudal und auf eine freie und vernüftige Verwaltung bedacht.
Fontane scheint aus welchen Quellen auch immer über Stägemann im Bilde gewesen zu sein. Man kann das dem Beginn des großen Briefes entnehmen, den Stägemann in der „Preußischen Idee“ an den jungen Schulze richtet. Wenn er sich dort mit den ersten Sätzen auf Kant und den kategorischen Imperativ beruft, dann liegt das nahe bei einem Mann, der im Leben den Vorzug hatte, als Beamter in Königsberg freundschaftlich mit dem Philosophen zu verkehren.
Aber davon läßt sich absehen. Die Zurückführung der preußischen Pflichtethik auf Kants Grundsatz „Handle so, daß die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte“ 44 war so verbreitet, daß sie keiner besonderen Motivierung bedurfte. Daß der Kantsche Satz bei Fontanes Stägemann gar nicht zur Sprache kommt, sondern gleich in den anderen übersetzt wird, „daß wir nicht da sind um glücklich zu sein sondern um unsre Schuldigkeit zu tun“ (S. 123), ist bezeichnend für die Nutzanwendung, die in der Regel davon gemacht wurde. Fontane nennt gelegentlich die stehende Formel „Ich habe meine Schuldigkeit getan“ das „Preußenmotto“. 43 Die sittliche Autonomie des Einzelnen weicht seiner Gehorsamspflicht der Staatsgewalt gegenüber, hinter der Vaterland und Volk kaum mehr sichtbar sind. Die Bereitschaft zum Selbstopfer, aus protestantischem Glauben gespeist, krönt diese Über-