Heft 
(1982) 34
Seite
193
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Schatz, den man nie hebt. Das hartnäckige, längre Schweigen der beriihmt- ten Firma Bachmann läßt mich eben nicht das Allerbeste erwarten. Mein alter Freund Otto Janke hat mich ohnehin warnen lassen. 10

Diese vierte Auflage desDeutschen Dichteralbums, die die letzte blieb, soll hier analysiert werden. 11

Wir erörtern zunächst die Grundsätze, von denen sich Fontane bei der Auswahl der Gedichte leiten ließ, und die Gliederung, die er vorgenommen hat. Fontane trifft dazu in seinem Vorwort zur 1. Auflage einige grund­sätzliche Feststellungen, und es ist zu verwundern, daß er dieses Vorwort nicht in die vierte Auflage übernommen hat.

Was die Auswahl angeht, so berücksichtigt Fontane nicht etwa die gesamte neuere deutsche Lyrik, sondern nur ihre Entwicklung ab 1813, d. h. vom Zeitpunkt der Erhebung gegen Napoleon an. Dazu sagt das Vorwort zur 1. Auflage:Die Auswahl beginnt mit dem Jahre 1813. Der gerechtfertigte Wunsch, neben anerkannt Trefflichem der früheren Dezennien auch vor allem das hervorragende Neue und Neuste zu bringen, mag es entschuligen, wenn den jüngsten Kräften und Erscheinungen unserer Literatur mehr Feld eingeräumt worden ist, als ihnen verhältnismäßig gebühren mochte. Der Leser wird die Bekanntschaft manches jungen Namens machen: Theodor Storm, Paul Heyse, Reithard, Friedrich Eggers, Rudolph Löwen­stein, Graf Schlippenbach, Bernhard v. Lepel u. a. m., denen sich schließlich der Name des Herausgebers anreiht. Andere, schon gekannte unter den Neueren, wie Mörike, Scherenberg und Graf Strachwitz, haben in Nach­stehendem eine besonders zahlreiche Vertretung gefunden. 12 Daraus ergab sich, daß die deutsche Lyrik des 17. und 18. Jahrhunderts, die der deutschen Klassik sowie der Früh- und Hochromantik ausgeschlos­sen blieb. Goethe und Schiller, Novalis und Brentano stehen außerhalb der von Fontane abgesteckten Grenzen, auch, wiewohl nach 1813 entstanden, Goethes lyrisches Spätwerk, z. B. derWest-östliche Divan, der aus den Jahren 18141819 stammt. Die romantische Lyrik setzt in dieser Sammlung erst mit Eichendorff und Wilhelm Müller ein.

Die ältesten Autoren, die Fontane aufgenommen hat, sind Schmidt von Lübeck und Ernst Moritz Arndt (geb. 1766 und 1769). Doch es überwiegen bei weitem die nach 1800 geborenen Schriftsteller. Ihr jüngster ist Paul Heyse (geb. 1830).

Ob diese Beschränkung auf die Lyrik seit 1813 auf eine Forderung des Verlegers zurückgeht, ob sich Fontane darin einfach Karl Goedeke an­schließt, dessen noch zu nennende Anthologie ebenfalls erst 1813 einsetzt, oder ob diese Konzeption von Fontane stammt, ist nicht bekannt. Man möchte das letztere annehmen und es erklärlich finden, daß Fontane z. B, die Lyrik der Klassik und zum guten Teil auch der Romantik ausschloß, wenn man sich daran erinnert, daß Fontane in seinem 1853 erschienenen AufsatzUnsere lyrische und epische Prosa seit 1848 zwar die Lyrik des jungen Goethe hoch anerkennt, aber Kritik an Schillers Lyrik übt. Fontane stellt dort denwunderbarschönen, im Volkston gehaltenen Liedern der Goetheschen Jugendperiode die Lyrik Schillers gegenüber, die nach Fontanes Meinungfreilich den Mund zu voll zu nehmen pflegte,