Namen ihres Arztes erfährt, lacht Elfi herzlich: „Rummschüttel! Und als Arzt für jemanden, der sich nicht rühren kann!“ (XII, S. 203).
In dem letzten großen Roman Stechlin nehmen die „assoziativen Arabesken“, wie Max Tau sie nennt, einen beträchtlichen Raum ein. Sie ranken sich um die Namen Dubslav, Gundermann, Krippenstapel, Czako, Melusine, Armgard, Niels Wrschowitz, Jenny Lind/Goldschmidt, Joäo de Deus, Elfriede, Koseleger, Ermyntrud, Nonne, Adelheid, Fix, Briefbeschwerer und Moscheies. Man kann geradezu von einer Marotte des Dichters sprechen. Wir greifen nur einige Beispiele heraus. Eindeutig im Dienst der Charakterzeichnung stehen die Ausführungen des alten Dubslav von Stechlin. Er hat an seinen Eltern zum Beispiel auszusetzen, daß sie ihm den pommer- schen Namen Dubslav beigelegt haben: „Gewiß, meine Mutter war eine Pommersche, noch dazu von der Insel Usedom, und ihr Bruder, nun ja, der hieß Dubslav. Und so war denn gegen den Namen schon um des Onkels willen nicht viel einzuwenden, und um so weniger, als er ein Erbonkel war... Aber trotzdem bleib ich dabei, solche Namensmanscherei verwirrt bloß. Was ein Märkischer ist, der muß Joachim heißen oder Woldemar. Bleib im Lande und taufe dich redlich. Wer aus Friesack ist, darf nicht Raoul heißen“ (XIII, S. 11). Um bei den Taufnamen zu verweilen, die Geschichte um den Namen des Musikers Niels Wrschowitz erstreckt sich über zwei Seiten. Sie sei kurz zusammengefaßt. Der Klavierlehrer leidet unter dem gegensätzlichen Namenspaar. Den Vornamen verdankt er der Schwärmerei seines Vaters, eines Kapellmeisters an der tschechisch-polnischen Grenze, für den skandinavischen Komponisten Niels Gade. „Das war nun wegen des Kontrastes schon gerade bedenklich genug. Aber das eigentlich Bedenkliche kam doch erst, als der allmählich ein scharfer Wagnerianer werdende Wrschowitz sich zum direkten Niels-Gade-Ver- ächter ausbildete.“ So ist er schließlich aus Verzweiflung Doktor geworden, „um den Niels aus seiner Visitenkarte loszuwerden“ (XIII, S. 131).
Oft spielt eine humoristische Note bei diesen Reflexionen die Hauptrolle. So zum Beispiel auch in den folgenden Bemerkungen Dubslavs: „Alle Lehrer sind nämlich verrückt. Ich habe hier auch einen, an dem ich meine Studien gemacht habe; heißt Krippenstapel, was allein schon was sagen will“ (XIII, S. 55). Im Hause des Pfarrers Lorenzen unterhalten sich die Männer über eine entzückende, siebzehnjährige Nichte der Frau Kulicke: ,„und wie heißt sie?“ ,Elfriede 1 . ,Auch das noch 1 “ (XIII, S. 178). Der Superintendent Koseleger mit seinem etwas rätselhaften Namen und nicht leicht festzulegenden Charakter löst ebenfalls ein Gespräch aus: „Man soll einem Menschen nicht seinen Namen Vorhalten. Aber Koseleger! Ich weiß immer nicht, ob er mehr Kose oder mehr Leger ist; vielleicht beides gleich. Er ist wie ’ne Baisertorte, süß, aber ungesund“ (XIII, S. 186).
Bisher entnahmen wir die Beispiele nur den beiden Spätwerken Elfi Briest und Der Stechlin. Es läßt sich feststellen, das besonders im Stechlin die Namensplaudereien zu einem charakteristischen Stilzug werden. Sie tragen nicht nur zur Charakterzeichnung bei, sondern sind wiederkehrender Bestandteil des den Roman bestimmenden Konversationsstiles.
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