Heft 
(1982) 34
Seite
208
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auch ein Bildhauer gewesen sein, es tut nichts. Aber wenn irgendwo von Hildebrand gesprochen wird, wohl gar in der Weihnachtszeit, so denkt doch kein Mensch an Bilder und Büsten, sondern bloß an kleine dunkel­blaue Pakete mit einem Pfefferkuchen obenauf und einer Strippe drum herum. Abschließend spricht Leo von seinemPoggenpuhlhochgefühl, das er zwar auch habe, zu dem er aber, um seiner froh zu werdennoch wenigstens vier Nullen,eigentlich wohl fünf brauche (XII, S. 353, 354). Hier ist, ausgelöst durch eine Besinnung auf den Namen, ein Thema an­geschlagen, das zum Kern der in Fontanes Roman behandelten Problematik führt.

III.

Wenden wir uns nun denredenden Namen in den Romanen Fontanes zu. Peter Demetz weist darauf hin,daß Fontane weit geringere Hartnäckigkeit an den Tag legt, wenn wir seineNeigungen mit den Techniken Thacke- rays, Gogols, Dickens, und, vor allem, Anthony Trollopes vergleichen, und daß ereine vielfältig kluge Skala subtiler Möglichkeiten entwickelt. Demetz stellt in seinem Aufsatz, dem hier zunächst gefolgt sei, die Frage nach der rhetorischen Struktur, der Funktion und der fortschreitenden Entwicklung der Fontaneschen Namenskunst. 3 Er unterscheidet drei Typen von figurativen Namen, den allegorischen, den andeutenden und den anti­thetischen Namen:Der erste Typ ist der historisch älteste; er reicht tief in die Vergangenheit des Romans und von dort in die fernere Geschichte des komischen Theaters und der mittelalterlichen Schauspiele zurück. Der allegorische Name bezeichnet die ,faculte mäitresse' des Charakters, seinen Beruf, oder seine Funktion im Roman oder Stück. 4 Bei diesem Namenstyp handelt es sich in Fontanes Romanen meist um humoristische Bildungen. Besonders auffallend sind die Doppelsubstantive, die er seinen Land­pastoren gibt: Lämmerhirt (Vor dem Sturm), Roggenstroh (Grete Minde), Ledderhose (Vor dem Sturm, Cecile). Im Stechlin heißt ein Hofprediger Frommei. In der Kriminalgeschichte Unterm Birnbaum verhilft ein Nacht­wächter Mewissen dazu, daß die vom Gericht mangels Beweisen eingestellte Untersuchung gegen den Mörder Hradscheck wieder aufgenommen wird und zur Entlarvung des Täters führt. In Frau Jenny Treibei spricht sich Fontane selbst über einen anderen komischen figurativen Namen aus. Zwei Damen vom Hof werden vorgestellt.Die korpulente: Frau Majorin von Ziegenhals; die nicht-korpulente (worin sie mir zustimmen werden): Fräulein Edwine von Bomst. ... Ja diese Ziegenhals; einen Meter Brust­weite wird sie wohl haben, und es lassen sich allerhand Betrachtungen darüber anstellen... Im übrigen, es sind das so die scherzhaften Wider­spiele, die das Leben erheitern (XI, S. 23, 24). In Frau Jenny Treibei treffen wir weiterhin die säuerliche Gouvernante Fräulein Honig. Frau Dörr (Irrungen, Wirrungen) wird als robust und stattlich aussehende Frau beschrieben,die, neben dem Eindruck des Gütigen und Zuverlässigen zugleich den einer besonderen Beschränktheit machte (IX, S. 8). In Quitt haben wir einen Assessor Doktor Unverdorben, von dem es heißt, daß er dem Leutnant Kowalskidoch sittlich überlegen seiund hat es nicht bloß in seinem Namen, wiewohl der Name auch viel bedeutet, sondern ist