Die Frage könnte gestellt werden, warum wir in unserer literarischen Zeitschrift die Neuerscheinung „Burger und Lübbenauer Spreewald“, eine heimatkundliche Bestandsaufnahme, besprechen. Ist es nicht die Aufgabe der Geographen, Botaniker, Historiker, Sprachforscher bzw. Volkskundler über dieses Buch in ihren Fachzeitschriften zu referieren?
Der Fontanekenner wird eine andere Meinung vertreten. Weiß er doch, daß Theodor Fontane gerade zu dieser Landschaft, dem Oberspreewald, frühzeitige Beziehungen hatte, die Einfluß auf seine Entwicklung ausübten. Mit dem Artikel „In den Spreewald“ leitete Fontane in der Berliner „Preußischen Zeitung“ eine Serie ein, die später in den „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“ literarische Berühmheit bis in unsere Tage erlangte. Vom 6. bis 8. August 1859 unternahm er in Begleitung seiner Freunde Wilhelm Lübke, Otto Roquette und Karl Bormann von Berlin aus die Spreewaldfahrt. In dem Bericht gibt uns Fontane ein eindrucksvolles Bild von dieser einmaligen Landschaft mit ihren silbern schimmernden Fließen, saftiggrünen Wiesen, ausgedehnten Erlenwäldern, der Sagenwelt sowie den gastfreundlichen sorbischen Bewohnern. Bereits am 31. August 1859 erschien „Die Wenden. Wendischer Gottesdienst und wendische Kostüme“. Es folgte „Die Spreewaldfahrt. Lehde, ein Dorf Venedig. Der Kanal. Der Urspreewald. Dorf Leipe“ und am 2. September „Warwick- Castle und Schloß Lübbenau ... das Märchen vom Schlangenkönig“.
Wir möchten ein zweites Argument für die Berechtigung der Besprechung dieses Buches in den „Fontane-Blättern“ anführen. Am 17. und 18. Dezember 1965 wurde in Potsdam ein „Symposium zur 30-Jahr-Feier des Theo- dor-Fontane-Archivs der Brandenburgischen Landes- und Hochschulbibliothek“ durchgeführt. Unter den sieben Referenten befand sich Dr. habil. Frido Mötsk vom Institut für sorbische Volksforschung Bautzen der Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Sein Thema lautete „Theodor Fontanes Begegnungen 1859 im Spreewald“. Mit wissenschaftlicher Akribie verfolgte er die Spuren Theodor Fontanes während seiner Spreewaldfahrt 1859 und stellte als Archivar die Menschen im einzelnen vor, denen der Dichter begegnete. Vier Jahre später, anläßlich der „Wissenschaftlichen Konferenz zum 150. Geburtstag Theodor Fontanes in Potsdam“ vom 10. bis 12. September 1969, überreichte uns Dr. Frido MötSk in seinem Beitrag „Theodor Fontane und die Sorben“ ein unveröffentlichtes Telegramm des Dichters vom 3. April 1872 zum 25jährigen Bestehen des „Wendischen Volksbildungsvereins in Bautzen ,Maöica Serbska'“. In ihm kommt die große Sympathie gegenüber den westslawischen Völkerschaften zwischen Elbe und Oder, speziell den Sorben, zum Ausdruck, wie er sie ein Jahr später 1873 in seinem Band „Ost-Havelland“ im Kapitel „Die Wenden in der Mark“ veröffentlichte.
Zunächst ist hervorzuheben,daß im vorliegenden Bande Kenner der Spreewaldlandschaft mitgearbeitet haben, z. B. der leider inzwischen verstorbene Professor Dr. Friedrich Redlich, Leipzig, der Begründer des Niederlausitzer Arbeitskreises für regionale Forschung, Fritz Bönisch, Großräschen, der durch viele solide Forschungen zur Siedlungsgeschichte der Niederlausitz
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