und Nachlaß. In dreißig Jahren haben Sie das Theodor-Fontane-Archiv in ein Mekka der internationalen Forschung verwandelt und dieser mit der Gründung der „Fontane-Blätter“ zugleich eine Art zentrales Publikationsorgan geschaffen. Dabei bildet die Gleichstellung von Institution und Direktion im öffentlichen Bewußtsein vielleicht das ehrenvollste Merkmal Ihres Lebenswerkes; man ging „zu Schobeß“, wenn man im Fontane-Archiv arbeiten wollte.
Energie und Besessenheit waren wahrscheinlich die entscheidenden Elemente dieser Leistung. Denn was Sie, der gelernte Bibliothekar und spätere Landeskundler, 1950 vorfanden, war nicht sonderlich ermutigend. Ganze 200 Bücher und nur ein Drittel der Handschriften aus der einst stattlichen Sammlung hatten die Wirren des zweiten Weltkrieges überdauert. Der Wiederaufbau, mit dem Sie betraut wurden, gestaltete sich schwierig, zumal sich damals das Phänomen der sogenannten „Fontane- Renaissance“ noch keineswegs absehen ließ. Wenn das Archiv in der Potsdamer Dortustraße heute über 2 300 Bände, 2 500 Autographen, tausende von Kopien und eine einzigartige Kollektion von ca. 7 000 Zeitungsartikeln verfügt, dann ist das in erster Linie Ihrer Unermüdlichkeit zu danken. Alle Spuren, die auf verschollene Handschriften deuteten, wurden verfolgt, Erstausgaben und Literatur über Fontane systematisch angekauft, Archivalien aus anderen Instituten als Kopien deponiert und Dauerleihgaben riach Potsdam geholt. Jeder, der das Archiv benutzte und etwas publizierte, sah sich sofort verpflichtet, ein Belegstück (ob Zeitungsbeitrag oder Dissertation) zu liefern. So wuchsen die Bestände, von den zuständigen staatlichen Stellen ebenso großzügig unterstützt wie durch den Einfallsreichtum ihres Bewahrers gefördert.
Von Anfang an verstanden Sie Archivierung nicht als Einsargung, sondern als Aufbereitung und Erschließung, und die notorische Benutzerfreundlichkeit des Fontanes-Archivs ist ebenfalls von Ihnen etabliert worden. Dreimal sind Sie im großen Haus in der Dortustraße umgezogen; stets gelang es Ihnen, günstigere Bedingungen für diese einmalige Forschungsstätte zu erzielen. Das Gästebuch ist voll des Lobes für die unbürokratische, kollegiale Verfahrensweise, die im „FAP“ (so lautet die international übliche Sigle für das Theodor-Fon tane-/U'chiv der Deutschen Staatsbibliothek) seit Ihrer Zeit Usus ist, voll auch der Anerkennung für die liebenswürdige Betreuung (unter anderem mit Kaffee und Kantinenessen), die Sie eingeführt haben. Und die auswärtigen Gäste schätzten immer wieder das Kunststück, durch Vermittlung des Archivs in Potsdam ein Hotelzimmer zu bekommen (solche Kunststücke verrät man freilich nicht, allenfalls seinem Nachfolger!). Zur Benutzerfreundlichkeit sind nicht zuletzt jene schon früh erarbeiteten Bestandsverzeichnisse zu rechnen, die einen Überblick über die „Handschriften“ sowie über die „Literatur von und über Fontane“ geben — verdienstvolle, wichtige Bücher, mit Quellenpublikation und Bildmaterial angereichert, noch immer (obwohl ergänzungsbedürftig) Fundgrube und Nachschlagewerk.
Sie waren bei alledem stets einer der engagiertesten Öffentlichkeitsarbeiter unter den Archivaren, und ich glaube, die Bibliographie Ihrer Veröffent-
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