Heft 
(1983) 35
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2. Paul Heyse an Bernhard von Lepel

So weit sind wir von Euch getrennt, Liebster, daß ich das erste Wort von unsres armen Freundes Schicksal durch Dich erfahren mußte! Nun, beim Herumerzählen, hören wir freilich, dieN. Freie Presse habe eine Notiz darüber gebracht; hiesige Blätter keine Silbe. Wie es uns entsetzt und aufregt, all unsere Gedanken beschäftigt, kannst Du Dir vorstellen. Wie erträgts nur Frau Emilie? Ich bin ein Sanguiniker und habe ein mutiges Auge in alles Künftige. Aber ein kleiner Ossa und Pelion werden mir doch vom Herzen fallen, wenn ich höre, er ist frei und wohlbehalten. Liebster Lepel, in einem Atem mit dem Dank für Deine Nachricht am Ende bin ich doch so gut wie einer vom Rütli,der Nächste dazu, es zu wissen, wenn irgendein Motto über Euren Häuptern steht die innigste Bitte, mir, uns ferner zu berichten, sobald Ihr Neues hört, wäre es auch zunächst noch nicht das gehoffte Beste, daß er völlig wieder in Sicherheit ist. Mein Weib ängstet sich redlich mit mir ab; dieUntern jetztOberen, da sie, dem Himmel sehr nah, in der Maximilianstraße hausen werde ich erst heute Abend sehen. Auch sie sind ahnungslos, obwohl sie die BerlinerPost halten. DieKölnische, die ich freilich erst seit einer Woche wieder ins Haus bekomme, scheint ebenfalls nichts zu wissen.

Wer das hätte ahnen können, als der alte Cremieux hier so friedlich in den 4 Jahreszeiten einquartiert war und wir die kordialsten internationalen Händedrücke wechselten!

An Lazarus, Menzel, vor allem an Frau Emilie die wärmsten Grüße! Auch den andern Freunden, von denen ich nicht weiß, ob sie mündlich zu erreichen sind. Schade über Schade, daß wir diese einzig große Zeit getrennt verleben müssen! Hier ist doch nur eine sehr abgedämpfte Er­schütterung durch die mächtigen Schlägemit dem Hammer Thors zu verspüren. Es hat eben noch nicht jedes zweite Haus einen Insassen beim deutschen Heer, und durch Opfer verdient man sich erst das volle Recht auf den Anteil an Sorgen und Freuden solcher Tage. Aber auch hier sind die Wirkungen unermeßlich.

Leb tausendmal wohl, mein Alter.

Treulichst Dein Paul Heyse

München, 1. Nov. 1870

3. Emilie Fontane an Moritz Lazarus

Mittwoch, d. 7. Juni 76

Hochverehrter Herr u. Freund.

Ich komme heute angsterfüllten Herzens zu Ihnen, mit einer großen Bitte. Mein Mann hat seine Entlassung eingereicht; wie er sagt, behauptete Präsident Hitzig, daß ergar keine Befähigung für die Stellung besitze. Es wäre mir nun, den Freunden gegenüber, eine große Beruhigung, wenn Sie, verehrtester Freund, dies bestätigen könnten, daß Sie es auch vom Herrn Geheimrat Hitzig vernommen. In der krankhaften Aufregung, in der sich mein guter Mann befindet, kann er doch vielleicht die Worte des Präsidenten zu scharf aufgefaßt haben. Entschuldigen Sie, daß ich Sie

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