damit behellige, aber ich will keinen Schritt unterlassen haben, der vielleicht noch retten könnte; sobald mein Mann an den Kaiser geschrieben, ist ja doch alles vorbei.
Die vielen Zeichen der Freundschaft, die Sie, teuerster Freund, uns seit Jahren bezeugt, mögen diesen Schritt, von dem mein Mann nichts weiß, rechtfertigen.
Mit vorzüglichster Verehrung Ihre ergebene Emilie Fontane
4. Emilie Fontane an N'ahida Lazarus
Berlin, d. 4. Fbr. 82
134c Potsdamer Straße
Verehrteste, teure Frau.
Hat Ihnen mein guter Alter etwas vorplaudern dürfen, so nehme ich dasselbe Recht für mich in Anspruch, wenn es auch nur noch 4 Wochen sind, bis wir Sie Wiedersehen. Wir freuten uns zu hören, daß es Ihnen, teuerste Frau, so gut geht, und, umgeben von Ihren nächsten Lieben, werden Sie wenig Sehnsucht oder Verlangen nach der Heimat gehabt haben. Unser Winterleben war auch, abgesehen davon, daß wir wetterlidi fast gar keinen Winter hatten, ein von den früheren abweichender. Ich genoß die Freude, meines guten Mannes neueste Arbeiten, einen IV. Teil der „Wanderungen“ und eine neue Novelle („Ellernklipp“), anerkannt zu sehen, und die schmeichelhaften Kritiken waren meiner Eitelkeit ein Leckerbissen. Aber diese Freude mußte mich auch für vieles schadlos halten. Unsre Martha kam im Oktober krank zurück, und nachdem wir hier alles Erdenkliche für ihre Wiederherstellung angewandt hatten, ließen wir sie auf ihren Wunsch zu ihrer Freundin nach Rostock reisen, wo sie seit Mitte Januar ist, aber immer noch vergebens auf volle Genesung hofft. Wir erwarten sie nun Ende des Monats wieder und wollen dann einen Spezialarzt befragen. Diese Sorge lastet schwer auf mir und läßt mich meine eignen Zustände vergessen, die ja, wenn der Sturm braust, auch nur kläglich sind. Ich habe denn auch viel das Haus hüten müssen und meinen Mann sich allein in die Gefahr der Welt begeben lassen. Überall hin hätte ich ihm überdies nicht folgen können, da er ganz „aus heiler Haut“ seit dem Spätherbst persona grata (gratis sagte ein alter General einmal zu meiner Schwägerin) beim Prinzen Friedrich Karl, wie andre versichern, „Fürstenknecht“ geworden ist. Er hatte die Ehre, erst in Dreilinden und nun wöchentlich ein- bis zweimal im hiesigen Schloß eingeladen zu sein. Diese kleinen Reunions, es sind immer nur 7 Herren, sind meinem Mann höchst interessant und haben nur die eine Schattenseite, daß sie ihm viel Zeit kosten, weil er — Busch’s Lorbeern lassen ihn nicht ruhn — Tagebuch darüber führt und alles aufschreibt. Um daneben nicht ganz zurückzubleiben, habe ich auch meinerseits eine „große Bekanntschaft“ erneuert und Anfang dieser Woche die Freude gehabt, einen Jugendgespielen wiederzusehen, der kein Geringerer ist als Herr Gerson von Bleichröder. Ich habe ein wirklich genußreiche Stunde mit ihm verlebt und freue mich, daß sich dieselbe, nach seinem Wunsch, in nächster Zeit wiederholen soll.
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