Man muß sich einmal den heroischen Ton dieser jetzt nur noch einigen Literaturhistorikern bekannten Ballade vergegenwärtigen, um den Impakt einer anderen Hastingsballade zu verstehen, an die Fontane in seinem Essay Hastingsfeld 2 ebenfalls erinnert und aus der folgende Verse dort gleich am Anfang zitiert werden:
„Es watete Edith Schwanenhals Im Blute mit nackten Füßen;
Wie Pfeile aus ihrem stieren Aug’
Die forschenden Blicke schießen “
Es ist Heines Ballade Schlachtfeld bei Hastings aus dem Romanzero, der dritten großen Sammlung Heinescher Lyrik, die 1851 erschienen war. Fontane hatte sich bereits 1852 den Romanzero in der 3./4. Auflage beschafft und zitiert bald daraus in Hastingsfeld, das 1853 als Vorabdruck im Familienbuch des Oesterreichischen Lloyd erschienen war. Er fügt Heines Ballade dann in die 4. Auflage seines Dichteralbums ein, wo bereits Uhlands Taillefer stand, beide Balladen stehen jetzt nebeneinander. Der Autor einer jüngeren Fontane-Arbeit hält die Bewunderung, die Heines Romanzero sofort in Fontane erweckte, für bemerkenswert, „da dieses späte Gedichtbuch Heines sich beim Publikum erst seit den sechziger Jahren allmählich gegenüber dem immer noch dominierenden Buch der Lieder durchsetzen konnte.“ 3 Tatsächlich enthält das Romanzero die Gedichte, die auf Fontane den nachhaltigsten Eindruck gemacht haben und die er immer wieder zitiert wie Der Dichter Firdusi und Vitzliputzli. Sein erklärtes Lieblingsgedicht aber war und blieb das Schlachtfeld bei Hastings. So noch in seiner Erklärung 1889/*
Sehen wir uns Uhlands und Heines Hastingsballaden einmal an, so kann man sich tatsächlich keinen größeren Gegensatz in Stil und Sentiment vorstellen. Der Sieger der Schlacht ist bei Heine kein Held mehr:
„Der lausigste Lump aus der Normandie Wird Lord auf der Insel der Briten“ heißt es. Und vorher:
„Gefallen ist der beßre Mann,
Es siegte der Bankert, der schlechte,
Gewappnete Diebe verteilen das Land Und machen den Freiling zum Knechte.“
Einen Helden gibt es in dem Heineschen Gedicht nicht mehr. Aus der Schlacht selber ist jede Heroik verschwunden, und aus Uhlands Rittern und Mannen von hohem Mut werden gewappnete Diebe, und auch von dem Besiegten, obwohl der beßre Mann, hören wir nichts weiter, als daß er „elendiglich bei Hastings umgekommen“ und daß die Mönche von Waltham-Abbey ihn vergebens unter den Massen von Toten suchten. Nein, auch Harold, der einen so anonymen Tod gefunden hat, ist kein Held. Heines Ballade trägt den Titel Schlachtfeld bei Hastings. So ist es auch das Schlachtfeld selber mit seinen vielen tausend Leichen, nackt, ausgeplündert, verstümmelt, zerfleischt, — bedeckt von Nebel, umflogen von einer fraßgierigen Rabenschar, das im Mittelpunkt steht. (Hatte auch Raabe das
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