tarisch belegt ist, ist bis heute nicht in allen Einzelheiten geklärt. Sie kann jedoch nur durch Wolfsohns oder aber Varnhagens Vermittlung zustandegekommen sein. An Varnhagen wandte sich Viedert, an seinen Besuch im Oktober 1853 anknüpfend, im April 1854 um Rat und Hilfe. Er durfte dies um so mehr, als Turgenev, dem er im Januar/Februar 1854 in Petersburg begegnet war, ihm diesen Besuch insbesondere im Hinblick auf Varnhagens Unterstützung bei der Einführung des „Revisor“ in Berlin empfohlen hatte. Varnhagen war nicht nur mit den etablierten literarischen Kreisen Berlins vertraut, er hatte auch zwei Jahre zuvor, im Februar 1852, auf Wolfsohns Wunsch hin mit Fontane Kontakt gehabt. ,ri Varnhagens Hilfeleistung bei der Einführung des „Revisor“ in Berlin zeigt sich darin, daß er seinen Salon für private Lesungen zur Verfügung stellte, Bettina von Arnim ebenfalls dazu veranlaßte und Viedert und seine Übersetzungen dem Kritiker Ludwig Rellstab empfahl. Er könnte auch am Zustandekommen der ersten Begegnung Viederts und Fontanes beteiligt gewesen sein.
Für Viederts Sinneswandel, der ihn — anstatt sich in der alten Heimat eine Existenz aufzubauen — nach einem knappen halben Jahr wieder nach Deutschland reisen ließ, waren Petersburger Freunde aus dem fortschrittlichen Kreis junger Schriftsteller, die sich um die Zeitschrift „Otecest- vennye zapiski“ (Vaterländische Annalen) gruppierten, in starkem Maße mitverantwortlich. Sie verstanden es, seine im nachmärzlichen Deutschland gesunkene Stimmung zu heben und vor allem ihm bei seiner Übersetzertätigkeit neuen Mut zu machen. Zu diesen Freuden gehörte in erster Linie der revolutionäre Demokrat M. L. Michajlov, der — mit Mitstreitern wie Cernysevskij und Nekrasov den Weg Belinskijs fortsetzend — sich die Befreiung der leibeigenen Bauern im zaristischen Rußland zum Ziel gesetzt hatte und Hoffnung und Kampfeswille auch unter dem Nikolaitischen Druck nicht verlor. Ihm war die Verbreitung russischer Literatur — darunter Gogols — als Verständigungsmittel zwischen den Völkern Bestandteil seines politischen Programms, für das er acht Jahre später in sibirischer Verbannung sein Leben gab. In einem offenen Brief an den Redakteur der „Otecestvennye zapiski“ vom März 1854 stellte Michajlov den Freund als ausgezeichneten Übersetzer aus dem Russischen vor und druckte sogar eine kurze Szene aus dem von Viedert übertragenen Lustspiel Gogols „Der Revisor“ ab. Viedert hatte nämlich nach der Rückkehr nach Petersburg — also zwischen November 1853 und Februar 1854 — das im Kopf bereits fertige Lustspiel in einem Zuge deutsch niedergeschrieben und in der Stadt an der Neva zum erstenmal vorgelesen. Michajlov führte Viedert als Gogol-Ubersetzer mit den Worten ein: „Die unlängst von Viedert beendete Übersetzung von Gogols ,Revisor 1 bot kaum weniger Schwierigkeiten als die Übersetzung von Gedichten Kol’covs, und man muß dem Übersetzer Gerechtigkeit widerfahren lassen: er ist ehrenvoll aus dem Kampf mit diesen Schwierigkeiten hervorgeangen. Gedruckt ist nur die erste Szene des ersten Aktes (in der Leipziger ,Abendzeitung“ des vergangenen Jahres unter dem Titel ,Aus dem Revisor von Gogol“), aber ich hatte Gelegenheit, Viederts Vorlesung auch der übrigen Akte zuzuhören [. ..] umfassende Kenntnis des Originals und Treue in der Wiedergabe machen
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