Heft 
(1983) 35
Seite
348
Einzelbild herunterladen

lebens, wie sie den Attributen der Mode sonst selten beschieden ist. Diese Geschichten des Zopfes, von denen die kulturelle ins 18. Jahrhundert fällt, die literarische in die erste Hälfte des 19., sind großenteils ungeschrieben; Günter de Bruyn hat dazu zwei schätzenswerte Kapitel beigesteuert. 1 Das Kapitel Fontane stützt und beschränkt sich in der Hauptsache auf sein GedichtDer alte Dessauer, das er am 28. Februar 1847 imTunnel vorlas; er trug dafür lebhafte Zustimmung und das UrteilSehr gut da­von. Nicht zu Unrecht: Dieses Preislied auf den Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, das man heute mit starkem Vorbehalt liest, ist ein poeti­sches Bravourstück. Zudem steht es biographisch und literaturgeschichtlich an bemerkenswertem Platze. Es hebt sich vorteilhaft auch von den ande­ren Gedichten auf ruhmbedeckte Gestalten preußischer Geschichte ab, die Fontane 1846/47 während eines guten halben Jahres verfaßte und zum Teil noch 1847 veröffentlichen konnte. Mit den meisten von ihnen ging es in den Zyklus derMänner und Helden. Acht Preußen-Lieder ein, der, zeitbezo­gen erweitert, 1850 als Buch herauskam schmal, großformatig und po­pulär aufgemacht. 2

In dem Bravourstück spielt der Zopf sozusagen eine Hauptrolle. Der Zu­gang zum Charakterbild des Gefeierten führt geradewegs über dessen Haartracht:

Ich will ein Lied Euch singen!

Mein Held ist eigner Art,

Bis Auf die Schultern hingen Ihm Zopf und Knebelbart; 3

und mit einem ostentativen Bekenntnis zu der altmodischen Frisur schließt das Gedicht:

Verschnittnes Haar im Schopfe Macht nicht allein den Mann:

Ich halt es mit dem Zopfe,

Wenn solche Männer dran.

Der Mann und Held, der in der Titelrolle agiert und den Sänger zu die­sem Bekenntnis fortreißt, erscheint vordergründig in fragwürdiger Gestalt. Im Rock eines pedantischen Militärs steckt ein Mensch, der von Kunst und Gelehrsamkeit nichts weiß und nichts hält; er ist in seinem Glauben so unbeirrt wie beschränkt in seinem Denken.

Einige Stichworte aus dem Kreis der Wissenschaften und schönen Künste vertreten den Gegenpart, zu dem der Held Zug um Zug in Kontrast gesetzt wird:

All Wissenschaft und Dichtung

Sein Lebtag er vermied,

und sprach er je von ,Richtung 1 ,

Meint er in Reih und Glied;

Statt Opern aller Arten Hatt dr nur einen Marsch,

Und selbst mit Schriftgelahrten Verfuhr er etwas barsch.