„Ihr legtet längst beiseit die alten Zöpfe,
Doch sei geduldig wie zur Zöpfe Zeit“ 18 Bei einem Seitenblick auf Freiligrath und Gutzkow, der bloß die Anlage des Motivs ins Auge faßt und die poetische Verwirklichung außer acht läßt, schneidet der Anfänger Fontane nicht schlecht ab. Dem Freiligrath der Sammlung „Ein Glaubensbekenntnis“, mit der er 1844 ins Lager der Opposition ubertrat, war Fontane in dieser Sache damals sogar einen Schritt voraus. Freiligraths „Prinz Ludwig von Preußen“, der dem „Alten Dessauer“ der Gattung nach nahe steht, bot eine besonders ausgeprägte Variante des Motivs. Er pries in diesem historisch-anekdotischen, etwas angestrengt um Volkstümlichkeit bemühten Lied den Prinzen Louis Ferdinand, weil er sich gemeinsam mit seinen Offizieren bei einem Gelage die alten Zöpfe abgeschnitten hatte. Unter Hinblick auf das militärische Debakel von 1806 wird davon die Nutzanwendung gemacht:
„Der Armeezopf liegt erstochen,
Jenas Zopf auch ist gerochen,
Doch manch andrer macht sich breit!
Wann zerfetzt uns die ein Retter?
Ludwig, schick' ein Donnerwetten In die Zöpfe dieser„Zeit!“ I!l
Das ist im Oktober 1843, zu Beginn von Freiligraths eigentlichem Positionswechsel geschrieben und klingt radikaler als es schon ist. Denn die satirische Kraft des Motivs wird nicht unerheblich beeinträchtigt, weil er es innerhalb des Bannkreises preußischer Tradition beläßt. Er begnügt sich damit, eine positive Spielart ins Feld zu führen, wenn er den populären Prinzen, der ein faszinierendes, aufgeschlossenes Naturell besaß und ein leidenschaftliches Leben mit der Gloriole des Heldentodes gekrönt hatte, gegen die ebenso umfassend wie vage bezeichneten Rückständigkeiten der Gegenwart in Anspruch nimmt.
Danach läßt es sich verstehen, daß der Rheinpreuße Freiligrath im Februar 1844 mit Vergnügen, Genugtuung und im besten Einvernehmen mit dem Berliner Gutzkow dessen neuestes Bühnenstück, nämlich ,„Zopf und Schwert', ein prächtiges Stück voll echter, wirksamster Komik, über die Bretter gehen“ sah.* 1 Das Verbot dieses Lustspiels für Preußen kann man sich nur durch die Scheu des Herrscherhauses vor der theatralischen Profanierung und durch die jungdeutsch vorbelastete Person Gutzkows erklären, wenn man nicht eine allerabsolutistischste Empfindlichkeit annehmen will. Gutzkow stellte den grotesken Familienzwist dar, der seinerzeit im Hause Hohenzollern um die Verheiratung der Schwester des Kronprinzen Friedrich entbrannte, die dann als Markgräfin von Bayreuth offenherzige Memoiren hinterließ; er übersetzte ihn aber mit leichter Hand *n ein harmloses patriotisches Intrigenspiel. Den Familienvater und Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. charakterisierten die Schlußworte: „Er wollte mit seinem Schwert wohl König, aber mit seinem Zopf im Staat nur der erste Bürger sein.“ 21
Bei diesen Worten, die besser nicht als bare historische Münze zu nehmen sind, kann man innehalten, weil sich einige Folgerungen anbieten, s>:e