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Deutsche Roman-Bibliothek.
Feuilleton.
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Eine amerikanische Geschichte. Es entspinnt sich folgender Dialog zwischen einem New-Yorker Kaufmann und seinem Commis: „James, ich muß morgen dreitausend Dollars zahlen."
— „Ja, mein Herr." — „Zweitausend Dollars sind in der Kasse, aber das Magazin ist leer. Ich glaube, das ist der Moment, um Fallit zu machen." — „Ganz meine Meinung."
— „Es handelt sich nur darum, meinen Gläubigern unter irgend einem Vorwand die zweitausend Dollars zu entreißen. Denken Sie diese Nacht einmal darüber nach, wie sich das am besten arrangiren läßt." Der Commis verspricht dem Prinzipal, die Sache reiflich zu überlegen. Den andern Morgen findet Letzterer die Kasse erbrochen, das Geld ist gestohlen, und an seiner Stelle liegt ein Brief folgenden Inhalts: „Ich habe mich mit Ihren zweitausend Dollars nach Europa eingeschifft. Auf diese Weise haben Ihre Gläubiger das Nachsehen und Sie eine gute und glaubwürdige Entschuldigung. Adieu!"
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Conpegespräch. Ein Herr, welcher sich allein mit einer fremden Dame im Eisenbahncoups befindet, versucht mehrmals, ein Gespräch mit ihr anzuknüpfen, jedoch vergeblich. Endlich ruft er aus: „Warum sind Sie so zurückhaltend gegen mich, mein schönes Fräulein? Halten Sie mich für einen Wolf im Schafskleide?" — „Durchaus nicht, ganz im Gegentheil," lautet die Antwort.
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Eine Uüance. Friedrich Haase ließ sich einmal als Hamlet eine etwas sonderbare Nüance zu Schulden kommen. In der Geisterszene des ersten Aktes erschien er mit einem Spitzcn- taschentuch in der Hand und preßte es bei den Worten: „Die Luft geht kalt u. s. w.", als fürchte er sich, den Schnupfen zu holen, vor den Mund. Dieses Mätzchen veranlaßt«: einen bekannten Leipziger Theaterkritiker zu der boshaften Bemerkung, warum Hamlet-Haase die Szene nicht lieber im — Respirator spiele. An dieses Kuriosum erinnert ein im Pariser Salon 1884 ausgestelltes, unglaublich fades Bild von Dagnan-Bouveret, die Todtengräberszene darstellend. Hamlet hält den Schadet Porik's in der Hand, doch hat der zimperliche junge Herr ihn sein säuberlich auf ein wahrscheinlich mit Patchouli parsümirtcs Spitzentaschentuch placirt. Strebsame Hamlet-Darsteller werden sich diese geistreiche Nüance gewiß nicht entgehen lassen.
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Darum. „Bestes Männchen," schmeichelt eine hübsche junge Frau, „wie groß Du bist. Könnte ich doch nur aus einen einzigen Tag — Tu sein." — „Warum denn, Herzchen?" fragt der arglose Gatte. — „Weil ich dann sofort meinem süßen, herzigen Weibchen einen neuen Hut kaufen würde." Tableau!
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Angenehm. „Anatole!" — „Hortcnse!" — „Wie angenehm, wenn man zu Zweien ist-" — „Kleine Schmeich
lerin!" — „Und dabei an einen Andern denken kann." — „Ungeheuer!"
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Der trauernde Neffe. „Weißt Du schon, liebe Frau, daß Emil's Erbonkel gestern gestorben ist? Der arme Junge, er ist in Verzweiflung und vergießt Ströme von Thräncn!" — „Unglaublich!" — „Doch, er ist — enterbt worden."
Die heutige Mode. „Was hast Du denn so große Eile?" ruft ein Freund dem andern nach, der aus einem Modemagazin herausstürzt. — „Ich habe meiner Frau einen neuen Hut gekauft und muß mich eilen, daß er nicht altmodisch wird."
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Naiv. Ein Herr, der einer ihm befreundeten jungen Dame einen Ring verehren will, fragt dieselbe, welche Art von Ring ihr am besten gefalle. „Ein Verlobungsring,"' war die Antwort.
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Ein sonderbarer Wunsch. „Du, denke Dir, ich habe soeben einen Menschen gesehen, der den lebhaften Wunsch hat, einäugig zu werden." — „Unsinn! Wer Dir das glaubt." — „Wetten wir?" — „Meinetwegen um zehn Mark." — „Topp, cs war ein — Blinder."
Kremde Ledern. Kürzlich wurde in einer Gesellschaft die Frage aufgeworfen, was ein literarischer Plagiator und eine Modedame miteinander gemein hätten? „Beide lieben es, sich mit fremden Federn zu schmücken," antwortete ein geistreicher Kopf.
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Die Reinheit der Lust. Lr. Freudenreich von Bern und Or. Miguel von Paris haben die Reinheit der Luft an verschiedenen Olten der Schweiz untersucht. Sie haben gefunden, daß die Reinheit der Luft erst bei 6—12,000 Fuß üb. M. beginnt. Schon die Lust am Thunsee ist mit Bakterien gemischt, doch können sich dort wohnende Personen damit trösten, daß die Luft ungefähr sicbcntausendmal weniger Bakterien enthält, als die Luft auf der Nue Rivoli in Paris, und doch ist die Luft auch dort noch tausendmal reiner als in anderen Städten, zum Beispiel Chicago.
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Nach 1870. Zur Feier deS Georgenfestes war vor einigen Jahren eine Deputation der preußischen Armee vom Kaiser Wilhelm nach Petersburg gesandt worden, und vier Unteroffiziere von 1870/71 benutzten die gute Gelegenheit, um in Begleitung eines russischen Unteroffiziers Museen, Theater, Schaustütten, natürlich auch Cafes und Restaurationen zu besuchen, und gelangten so auch in ein bekanntes französisches Restaurant, das ausschließlich von Stammgästen der französischen Kolonie in Petersburg besucht zu werden pflegt, und die ohnehin zum Georgenfest immer verdrießlichen Franzosen verlassen darauf sofort in demonstrativer Weise unter „DIUle iounerre^ das Lokal. Einem riesenlangcn Unteroffizier vom Kaiser- Alexander Gardcgrenadier-Regiment ist mittlerweile über das „Wo" und „Warum" ein Licht aufgegangeu, und mit dem Daumen über die Schulter auf Jene zeigend, ruft er laut: „Na, loofen Die noch immer?"
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sänrintliede DVerüe. Vier Lände. DI. 40. — 41/777/6/', XrieAsZ-esediedte 1870/71. DI. 15. — DlüUerlisder. DI. 18. —
Do/'ö-DIäreden. DI. 12. -— DIäreden. DI. 12. —- Hor'e-DIüned-
dansen. DI. 9. — , Idylle ans der VoAeUvelt. DI. 10.
— H/isc/r-re/, 85 dadrs in (Lande, Xarnpl und 8is»-. DI. 4. ÄrmmMr/r ru Oi-iAOicd-Lmband. Vorneiimskö Lvseirenüwörüö.
Redaktion: vr. Edmund Zoller. — Druck und Verlag der Deutschen Verlags-Anstalt (vormals Eduard Hallbergcr) in Stuttgart.