Heft 
(1885) 42
Seite
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Deutsche Roman-Bibliothek.

die Rücken an Rücken sitzen. Siam, Ceylon, Burmah und Indien sind die Länder, wo cs üblich ist, Elcphanten als Reit- und Lastthicre zu benützen, doch werden sie, wie alle alten Beförderungsmittel, von den Eisenbahnen immer mehr oerdrängt. Ihre Fütterung ist so kostspielig, daß sie in der Neuzeit selbst in Südasien zu Luxusthieren werden, deren man sich zu entwöhnen sucht. Der Reisende sieht in Indien an den Bahnstationen oft ein Dutzend Elephanten auf ihre aus Kisten und Ballen bestehenden Lasten warten oder bereits be­laden im Gänsemarsch die Straße entlang ziehen. Dieses Schauspiel wird aber immer seltener werden. Nicht ganz ge­fahrlos ist die Reise mit einem Elephanten. Es ist eine Eigen- thümlichkeit dieses Thieres, daß es manchmal aus kaum er­kennbaren oder geradezu lächerlichen Ursachen erschrickt und dem Treiber den Gehorsam versagt. In solchem Falle soll man es nicht versuchen, durch einen Sprung auf die Erde das Leben zu retten. Der Sprung mag glücken, allein man schwebt in Gefahr, von den Füßen des gewaltigen Thieres zertreten oder von seinem Rüssel zermalmt zu werden. Selbst wenn der Elephant ruhig seines Weges geht, soll man nicht wagen, von seinein Rücken zu springen, da er dicß leicht übel nimmt und durch einen Angriff zu bestrafen sucht. In dieser Be­ziehung sind die folgsamsten Elcphanten so gefährlich wie die störrischsten. Eine andere Eigcnthümlichkeit des Elephanten, die eine Gefahr für den Reiter einfchließt, ist, daß er zuweilen ohne vorhergehende Warnungszeichen wahnsinnig wird. Er mag ruhig seine Straße ziehen oder unbelüstigt in seinem Stalle stehen, die Möglichkeit ist vorhanden, daß er plötzlich seinen Rüssel in die Höhe wirft, laut trompetet und auf den nächsten Menschen losstürmt, um ihn zu vernichten. Der Anfall kann in wenigen Minuten vorüber sein, kann aber auch stundenlang dauern. Höchst gefährlich ist es, ihm zu nahen, bevor er wieder beruhigt ist, und wenn sich ein Reiter auf dem Rücken befindet, muß er sich nach Kräften an den Sattel klammern, denn nur auf diese Weise ist seine Rettung möglich und sogar wahrscheinlich.

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Das eigene Citat. Ein Pfarrer pflegte in seinen Predigten die Aussprüche berühmter Theologen als sein geistiges Eigen­thum auszugeben. Unter seinen Zuhörern befand sich einmal ein alter Herr, der in der theologischen Literatur sehr gut bewandert war. Als der Pfarrer mit dem dritten Absatz seiner Predigt zu Ende war, sagte der Gelehrte laut genug, um verstanden zu werden:Das ist von Zschokke." Der Pfarrer stutzte, fuhr aber weiter. Nach kurzer Zeit rief der alte Herr:Das ist von Jakobi." Der Pfarrer biß sich auf die Lippen, machte eine Pause und predigte von Neuem. Aber es dauerte nicht lange und der alte Herr sagte:Das ist von Schlciermacher."Kerl," schrie jetzt der Pfarrer wüthcnd,noch ein Wort, und ich lasse Sie zur Kirche hinaus­werfen!" worauf der Gelehrte mit unerschütterlichem Gleich- muth sagte:Das ist von ihm selbst."

Eine Pistolenkugel als Vonbon. Von der unglaublichen Zerstreutheit des berühmten englischen Advokaten Peter Burrowes erzählt man sich folgende tragikomische Geschichte. Burrowes hatte in einem Naubmordprozeß als Ankläger zu fungiren und war stark erkältet. In der einen Hand hielt er die kleine Pistolenkugel, mit welcher der Mord vollbracht worden war, in der andern einige Bonbons, die er in den Zwischenpausen seiner Rede in den Mund steckte. Plötzlich unterbrach er sich mitten im Satz und schrie:Um Gottes willen, meine Herren, ich habe die Pistolenkugel verschluckt!" Und wirklich, das wichtigste Jndicium gegen den Mörder befand sich in diesem Augenblick in dein Magen seines Anklägers.

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Moderne Toiletten. Da die wunderliche Mode, sich mit Leichen zu schmücken, wenn cs auch nurVogclleichen" sind, trotz aller Abmahnungen nicht verschwinden will und die be­treffenden Damen im Gcgcntheil zu denken scheinen:Nun erst recht!", so wäre cs, weil doch, wie wir Lateiner sagen: Variatio äolaetat", vielleicht angemessen und angenehm, einmal eine kleine Abwechslung in dieß beliebte Genre zu bringen und ein paar der neuesten, natürlich Pariser Toiletten, hier mitzutheilen. Menagerietoilette. Die Robe besteht aus schwerer Uniseide in beliebiger Farbe, doch sind lebhafte Farben zu empfehlen. Als Schleppe dient ein Tiger- oder Pantherfell mit Schweif und Pranken', die Vorderpranken, vorn an der Taille geschlossen, bilden Schluß und Gürtel. An einer Seite wird die Robe gerafft durch eine Katze, den Kopf nach oben, an der andern durch einen Marder, den Kopf nach unten; L-chooß und Taille abwechselnd mit grauen und weißen Mäusen verziert; als Brosche ein Maulwurf, dessen glänzend schwarzes Fell gegen die bescheidenen Mäuschen effektvoll absticht; zur Schulterverzierung werden zwei Ratten verwendet, die eine mit dem Kopf, die andere mit dem Schwanz nach vorne arrangirt, und zur Coiffure drei Eichhörnchen, das mittelste in sitzender Stellung, eine Nuß in den Pfötchen, die anderen beiden liegend, so daß die Schweife lockcnartig an den Wangen herunterhängcn; hinter den Eichhörnchen ein reiches Bouquet von HaselnußblUten, sogenannten Haselkützchcn. Zu Ohr­gehängen benützt man die schwarzen Spitzen der Hermclin- schwünzchen und ganze Schwänzchen als Halsschmuck, hcrab- hängcnd auf ein schwarzes Sammctband befestigt, äußerst kleidsam und sehr apart ist das Armband, nämlich eine prä- parirte kleine Schlange, die sich graziös um den Arm windet. Papagcnatoilette. Robe wie vorstehend. Zur Schleppe ver­wendet man einige Pfaucnschweife, der unterste ganz entfaltet, die anderen nach obenhin enger werdend und mit einem Hahncn- oder Kapaunenschweife abgeschlossen. An den Seiten wird die Robe durch auf und ab kletternde Spechte gerafft, Taille und Schooß mit den verschiedensten kleinen Vögelchen arrangirt; zur Brosche nimmt man eine Golddrossel. Zu einer Robe von lebhafter Farbe sind für Taille- und Schooßvcrzicrung auch nur Spatzen oder Krametsvögcl passend, und dann al's Brosche eine Schnepfe, der man mit Erfolg hübsche Jagd­embleme in die Ständer und irgend ein Sträußchen, im Früh­jahr Waldmeister, in den Schnabel geben kann; als Achsel- Verzierung Schwarzdrosseln. Prachtvoll macht sich zur Coiffüre ein Auerhahn in balzender Attitüde; in Ermanglung dessen nehme man einen Puter (wälschcr Hahn) mit gespreiztem Schwänze, je nach der Farbe der Robe oder der Haare schwarz, weiß oder bunt, oder ein Paar Turteltäubchen in einem aus den Haaren der Dame kunstvoll konstruirten Neste; besonders hübsch für eine Braut, sowie sich für schriftstellcrnde Damen eine Eule sehr eignet. Zu Ohrgehängen, Halsschmuck und Armbändern dienen ausgeblascne und auf Draht gereihte Vogeleier verschiedenster dorten.

Deutlich.Doktor," sagte ein alter Geizhals auf dem Krankenbette,ich werde niemals vergessen, daß ich Ihnen mein Leben schulde."Sie übertreiben," versetzte der Arzt mit sarkastischem Lächeln,Sie schulden mir das Honorar für fünfzehn Besuche. Es genügt mir, wenn Sie diesen Umstand im Gedächtniß behalten."

Kindermund. Lieschen: Wenn ich erst groß bin, Papa, dann ziehe ich mit der Drehorgel, die Du mir zum Geburts­tag geschenkt hast, in die weite Welt. Vater: Was soll aber dann aus Deinem alten Papa werden? Lieschen schweigt eine Weile betroffen still. Plötzlich klatscht es in die Händchen und ruft:Ich hab's! Du gehst mit als mein Affe und sammelst die Pfennige ein!"

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Redaktion: vr. Edmund Zoller. Druck und Verlag der Deutschen Verlags-Anstalt (vormals Eduard Hallbergcr) in Stuttgart.