Heft 
(1983) 35
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Entscheidung für dieErinnerung an die Marie A. als Brechts schönstem Gedicht), 3. aus der Aufmerksamkeit für die sozialhistorischen Umstände, 4. aus dem Auf­treten c u m ira et studio, cum amore, 5. aus dem Element des nicht Geschriebenen und nicht Gesagten, nur Angedeuteten (in: Hans Mayer zu Ehren. Frankfurt/M. 1977, S. 79 f.). Hier liegt eineKernbelichtung eines Wissenschaftlers, Essayisten und Schriftstellers vor, die über Kerrs Kurzcharakteristiken in Konzentration und Aussagekraft noch hinausgeht. Bemerkenswert ist in unserem Zusammenhänge der bewußte Rückgriff auf Gottfried Keller zur Veranschaulichung und Erfassung des einmalig Schönen.

2 So ist Max Frisch von der humanistisch-demokratischen Substanz wie von der parabelhaften Gestaltungstendenz her der legitimste moderne Erbe Gottfried Kel­lers, während sich bei Hermann Hesse und Christa Wolf die Erbschaft auf den citoyenhaften Gehalt konzentriert. In der Keller-Beziehung Hesses kommt aller­dings noch motivische nud plastisch-stilistische Verwandtschaft hinzu, zumindest im Frühwerk Hesses.

Storch, Dietmar: Theodor Fontane, Hannover und Niedersachsen.

Hildesheim: August Lax Verlagsbuchhandlung 1981. XII (223 S.)

(Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens. Bd. 94) [Autorreferat]

Theodor Fontane, dem interessierten Leser heute als Wanderer durch die Mark Brandenburg, als Balladendichter sowie in seinen Romanen und Er­zählungen vor allem als Verfasser subtiler Geselischaftsporträts aus dem Preußischen drüben im Gedächtnis, stand, was weit weniger bekannt ist, jahrzehntelang auch zu Land und Leuten zwischen Elbe, Weser und Ems in vielfältigen persönlichen und literarischen Beziehungen, die nach dem Ende welfischer Eigenstaatlichkeit (1866) an Umfang und Intensität noch Zunahmen. Der Versuch, ihnen nachzugehen, wird in der 1981 bei August Lax (Hildesheim) als Band 94 der Quellen und Darstellungen zur Ge­schichte Niedersachsens erschienenen, insgesamt 223 Seiten umfassenden Studie unternommen. In 23 Kapitel gegliedert, folgt sie, soweit tunlich und möglich, der Chronologie Fontaneschen Lebens und Schaffens.

Grundlage der Ausführungen bilden nicht nur Lyrik und Prosa des dich­terischen Werkes Fontanes (dieWanderungen eingeschlossen), sondern soweit heute zugänglich auch seihe Briefe, Tagebuchaufzeichnungen und journalistischen Arbeiten, wo immer sie zum Thema beizutragen ver­mögen. Dabei wird allerdings keineswegs der Anspruch erhoben, in dem genannten Bezugsrahmen sämtliche der weit verstreuten Einzelaussagen lückenlos erfaßt zu haben.

Neben Durchsicht der umfangreichen GesamthinteiTassenschaft aus der Feder des märkischen Autors hat es sich gleichermaßen als notwendig er­wiesen, die niedersächsische Landesgeschichtsforschung in dem Maße mit- heranzuziehen, in welchem sie geeignet war, manche Anspielung Fontanes, vor allem die Annexion Hannovers und deren Folgen betreffend, verständ­lich zu machen 1 . Mag die Mehrzahl seiner Äußerungen über Niedersach­sen im allgemeinen wie im besonderen nach Anlaß, Absicht und Aussage­gehalt auch sehr verschieden sein, so läßt sie dennoch, trotz aller für Fon­tane nicht eben untypischenSchwanke-Zustände, Grundströmungen er-

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