kennen, die sich als erstaunlich beständig erweisen sollten. Darüber hinaus eröffnet Fontane selbst dort, wo er vorrangig über Land und Leute zwischen Harz, Heide und Nordsee spricht, zugleich Ausblicke auf Persönlichkeiten und Probleme des wilhelminischen Deutschlands, wie er sie gesehen hat. Besonderes Interesse kommt dabei Bismarck zu, der, wiewohl es Fontanes Taktgefühl verbot, den Kanzler in Person in seinem erzählerischen Werk auftreten zu lassen, dennoch ständig „hinter der Scene spukt“.
Mehrfach, und zwar in unterschiedlichen Perioden seines Schaffens, weilte Fontane innerhalb der Grenzen des heutigen Bundeslandes Niedersachsen, in welches das Territorium des einstigen Königreiches Hannover ebenso eingegangen ist wie das Großherzogtum Oldenburg, das Herzogtum Braunschweig und das Fürstentum Lippe 2 . Er lernte Goslar kennen und Emden, besuchte die Residenz Oldenburg sowie die alte Hansestadt Bremen, reiste in Ostfriesland und kam für zwei Sommeraufenthalte nach Norderney. Schon der junge Apothekerlehrling, damals in Dresden tätig (1842), glaubte „ganz aufrichtig“ an die Stammesüberlegenheit der Niedersachsen. Wenige Jahre später gewann er in dem Hannoveraner Bernhard von Lepel einen an Erziehung und Reife überlegenen Freund. Am Rande der Märzrevolution begegnete Fontane beruflich der Diakonisse Emmy Danckwerths aus dem Lüneburgischen, welche ihm rückblickend als „Typus jener wundervollen Mischung aus Charakterfestigkeit und Herzensgüte“ galt, dessen Niedersachsentum er im Alter ein ehrendes Denkmal setzen sollte.
Sein Debüt als Verfasser politischer Lyrik galt dem damals in ganz Deutschland diskutierten hannoverschen Verfassungskonflikt, zu welchem er zwei flammende Protestgedichte beisteuerte („An den König von Hannover“ und „An die Hannoveraner“) 3 . Damit reihte sich der junge Radikaldemokrat in der Chor der Kritiker des Welfenkönigs Ernst August ein, welcher durch Aufhebung des hannoverschen Staatsgrundgesetzes (1837) und Amtsenthebung der berühmt gewordenen „Göttinger Sieben“ einen Sturm der Entrüstung hervorgerufen hatte 1 .
Journalistenjahre in England brachten Fontane erneut mit dem Hause Hannover in Berührung. Er suchte und fand die geschichtlichen. Spuren jener „unberühmten George“, deren geringe machtpolitische Rolle „allen Ruhm dem Lande selber“ gelassen hatte, solange sie in Personalunion zugleich den Thron des Inselreiches innehatten (1714—1837). Mit England und seiner Freiheitstradition verglichen, erschien ihm seine deutsche Heimat damals als das „Ägypten knechtischer Bevormundung“ (1844).
Seit 1859 endgültig wieder daheim, befaßte er sich erneut mit Hannover, als er im Rahmen seiner kriegshistoriographischen Arbeiten — aber auch in einem Gedicht („Berliner Landwehr bei Langensalza“) — die Schlacht von Langensalza (1866) beschrieb 5 , in welcher die zunächst siegreichen wölfischen Truppen vor dem weit überlegenen Gegner schließlich die Waffen hatten strecken müssen. Fontanes unverholene Sympathie galt nicht nur den „schönen Regimentern Gardes du Corps“, Hannovers stolzer Reiterei, sondern auch der soldatischen Tapferkeit der Niedersachsen, welche er allenfalls als Gegner, nicht aber als Feinde anzusehen vermochte.