Frederick Betz (Carbondale), Jörg Thunecke (Nottingham)
Die Briefe Theodor Fontanes an Fritz Mauthner • Ein Beitrag zum literarischen Leben Berlins in den 80er und 90er Jahren des 19. Jahrhunderts
Zu den vornehmsten Aufgaben der heutigen Fontane-Forschung gehört nach einhelliger Meinung prominenter Forscher die Veröffentlichung und Kommentierung neuaufgefundener Fontane-Briefe 1 : folglich darf das Aufflnden der Korrespondenz Fontanes mit einem bedeutenden Zeitgenossen als besonders glückliches Ereignis gelten, insbesondere wenn — wie im vorliegenden Falle — der Empfänger Fritz Mauthner (1849—1923), bereits in seinen Erinnerungen aus dem Jahre 1920 erwähnt hatte, daß er „nahe- an hundert Briefe[n] ... von Fontane“ besäße 2 , von denen im dazwischen liegenden Dreivierteljahrhundert lediglich zwei (vom 20. Dezember 1888 und 6. Dezember 1891) veröffentlicht worden sind und der Großteil bis vor kurzem als verschollen bzw. verloren galt. Tatsächlich hat sich jedoch gezeigt, daß nicht weniger als 64 Briefe und Postkarten Fontanes an Mauthner im Original erhalten geblieben sind, die 1982 von Jörg Thunecke entdeckt wurden und hiermit erstmals veröffentlicht werden' 1 , darunter u. a. auch einer der oben genannten Briefe Fontanes an Mauthner'*, der nunmehr — zusammen mit dem in der Sammlung nicht enthaltenen Brief vom 20. 12. 1888 5 — im Kontext chronologisch und thematisch verwandter Briefe, unter Hinweis auf Abweichungen im Text und mit entsprechend erweitertem bzw. vertieftem Kommentar 0 , erneut abgedruckt wird. Ansonsten waren bisher nur noch zwei Briefe Fontanes an Mauthner auszugsweise bekannt geworden: Brief Nr. 15 in vorliegender Sammlung vom 16. Juli 1889 — auf den Mauthner (ohne das Datum anzugeben) im Nachwort zu Band 2 seiner Ausgewählten Schriften (1919) hingewiesen 7 — und Brief Nr. 64 vom 2. September 1898, aus dem Mauthner in seinem Artikel .Theodor Fontane post- humus* (1905) zitiert hatte. 8
Die chronologische Verteilung der vorliegenden Sammlung (1888: 8 [+1] Briefe; 1889: 20 Briefe; 1890: 13 Briefe; 1891: 3 Briefe; 1892: 7 Briefe; 1895: 3 Briefe; 1897: 1 Brief; 1898: 8 Briefe) zeigt in den Jahren 1888, 1889 und 1890, dann wieder zu Ende 1891, Anfang 1892 sowie in Fontanes letztem Lebensjahr einen intensiven bzw. regelmäßigen Briefwechsel. 9 Die wenigen Briefe in den Jahren 1895 und 1897 — ganz abgesehen von der Lücke im Jahre 1896 — sowie die dreieinhalbjährige Pause von etwa Mitte 1892 bis Ende 1895 lassen vermuten, daß weitere Briefe Fontanes an Mauthner verloren gegangen bzw. noch nicht aufgefunden worden sind und bestätigen Mauthners eigene Schätzung aus dem Jahre 1920. 10
Trotz vielseitiger literarischer Tätigkeit (als Verfasser zahlreicher Werke, als Herausgeber, Redakteur und Kritiker: Mauthner war u. a. journalistisch für das Berliner Tageblatt und das ihm angeschlossene Deutsche Montagsblatt, die Allgemeine Zeitung und die Kölnische Zeitung sowie für Scho- rer’s Familienblatt, Die Nation, Deutschland und das Magazin für Litteratur tätig, veröffentlichte ferner in einem Zeitraum von 25 Jahren über 30
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